Freitag, 17. April 2015

Was war eigentlich sonst noch los? (Gastbeitrag von Stefan)

in den Jugendzentrumszeiten 1974 - 1982 fand nicht nur Jugendzentrum statt:

Was war eigentlich sonst noch los?

1974

Zu Beginn des Jahres, in dem das Offene Jugendzentrum Bayreuth das Licht der Welt erblickte, war Willy Brandt noch Bundeskanzler. Am 14. Mai übernahm dann Helmut Schmidt den Job. Erst einige Jahrzehnte später sollte dieser seine wahre Bestimmung finden, die des talkshow-zertifizierten Welterklärers und (aus Sicht der Raucher) real existierenden Hauptarguments für die segensreichen Wirkungen des Tabakkonsums („Der ist über 90 und qualmt immer noch wie ein Schlot!“). Beide Sozialdemokraten, Brandt wie Schmidt, führten jeweils eine SPD/FDP-Koalition in Bonn an. Für die Jüngeren: Bonn war die Hauptstadt der Bundesrepublik Deutschland, die FDP war eine kleine, aber wichtige Partei mit Zünglein-an-der-Waage- und Königsmacherfunktion. Niemand hätte damals geahnt, dass es der FDP wie der DDR gehen würde. Deren Verschwinden wiederum hatte erst recht keiner auf dem Schirm.

Nicht nur Deutschland war geteilt, nun erfuhr auch die Insel Zypern nach dem Einmarsch türkischer Truppen 1974 dieses Schicksal.

Griechenland erhielt im April von der Bundesrepublik 47 Millionen D-Mark als Entschädigung für die im 1. Weltkrieg versenkten Schiffe.

Der Soundtrack dieses Jahres wurde angeführt von George McCrea mit „Rock Your Baby“(*) (Nummer 1 der westdeutschen Single-Charts 1974), gefolgt von „Sugar Baby Love“ der Rubettes und Terry Jacks´ „Season In The Sun“. Ansonsten tummelten sich Vicky Leandros, Abba, Sweet♫ und die Les Humphries Singers♫ in den Hitparaden. Und Heino. Raucht der eigentlich? (**)

Am 27. April startete im Fernsehen Rudi Carrells Show „Am laufenden Band“.

Emerson Fittipaldi wurde 1974 mit McLaren-Ford Formel-1-Weltmeister und Franz Beckenbauer (raucht der eigentlich? ***) mit der DFB-Elf Fußballweltmeister im eigenen Land, musste sich jedoch im Laufe der Turniervorrunde einmal der DDR-Mannschaft geschlagen geben.

Ich wurde 12, was aber niemand als Sensation empfand.

Ich kam langsam in ein Alter, in dem mein Interesse an Terence-Hill-und-Bud-Spencer-Filmen allmählich nachließ.

In einem britischen Krankenhaus wurde erstmals ein Ultraschallgerät zur Diagnostik eingesetzt.

Das Überschall-Verkehrsflugzeug Concorde befand sich zu diesem Zeitpunkt noch in der Entwicklungs- und Testphase, 1976 begann dann der kommerzielle Linienflugbetrieb  -  und endete 2003 nach der verheerenden Concorde-Explosion kurz nach dem Start. Auch dieses Jahr 1974 endete mit einer Flugzeugkatastrophe: Eine Boeing 727 stürzte bei Washington D.C. ab, alle 92 Insassen starben.

Positives und Neues aus dem Bereich moderner Technik kam 1974 von Hewlett-Packard in Form des HP 65 (des ersten programmierbaren Taschenrechners) auf den Markt.

1982

Zu Beginn des letzten Jahres des Jugendzentrums war Helmut Schmidt Bundeskanzler. Am 1. Oktober übernahm dann Helmut Kohl den Job. Aus der SPD/FDP- wurde eine CDU/CSU/FDP-Koalition. Die FDP (siehe Kapitel 1974) hatte an diesem Machtwechsel kräftig mitgestrickt. Im Folgejahr 1983 gelang es den Grünen erstmals in den Bundestag einzuziehen.

Deutschland und Zypern waren weiterhin geteilt.

Die Musik dieses Jahres kam von Orchestreal Manoeuvres In The Dark, ihr Song „Maid of Orleans“ hatte 1982 Platz 1 der bundesdeutschen Single-Charts inne, gefolgt von FR Davids „Words und „Adios Amor“ (Andy Borg). Auch „Skandal im Sperrbezirk“ (Spider Murphy Gang) und „Ein bißchen Frieden“ (Nicole, damit Gewinnerin des Grand Prix Eurovision 1982) tummelten sich in den Top Ten. (Die an akustische Körper- und Geistverletzung grenzende Scheußlichkeit der meisten Hitparaden-Musiktitel hatte somit das unterirdische Niveau von 1974 über die Jahre hinweg locker gehalten.)

Ich tummelte mich 1982 immer seltener im Jugendzentrum, absolvierte erfolgreich meine Abiturprüfungen und begann danach meine 16-monatige Zeit als Zivildienstleistender in der Werkstatt für Behinderte Bayreuth, die in der Nähe der Bundeswehrkaserne lag. Der Gedanke, nicht nebenan kaserniert & uniformiert zu sein und marschieren zu müssen, gefiel mir.

Der Satz „Nach Hause telefonieren“ wurde in diesem Jahr durch Spielbergs Film „E.T.“ Teil des Alltagswortschatzes, wobei mit Telefonieren hierzulande das Drehen einer Wählscheibe an einem grünen oder orangen Apparillo assoziiert wurde, der zumeist zentral im Flur stand, damit jeder im Haus bzw. in der Wohnung mithören konnte. (Als ich mir 15 Jahre später, also 1997, mein erstes Handy kaufte und kurz danach das erste Mal im öffentlichen Stadtbus telefonierte, kam mir retrospektiv das Im-Flur-Telefonieren von damals wie eine Datenschutzidylle vor.)

Handys, geschweige denn Smartphones waren noch nicht erfunden, das erste iPhone kam 2007 auf den Markt (mein persönliches Erlebnis hierzu ist auf Spiegel Online zu lesen: http://www.spiegel.de/einestages/handy-hype-a-950090.html ).

Computer für Zuhause zuhause (******) gab es schon länger (den Commodore C 64 etwa)(****). Auf die ersten Rechner der Art, wie wir sie heute kennen, also mit Maus-Bedienung, Drag & Drop, Fenstern zum Anklicken etc., musste man 1982 noch ein wenig warten. Ein solcher kam erst im Januar 1984 in Gestalt des Apple Macintosh in die Läden.

Ich kannte 1982 niemanden, der einen Computer hatte. Meine Abitur-Facharbeit hatte ich handschriftlich verfasst, um sie dann mit einer mechanischen Schreibmaschine(*****) mühevoll ins Reine zu tippen (um genauer zu sein: tippen zu lassen, mein Ein- bis Zwei-Finger-Tippsystem war nicht gerade der Hit).

Erstaunlich eigentlich, dass sich in dieser (aus heutiger Sicht) technisch primitiven Zeit der 1960er, 1970er, Früh-1980er eine Bewegung bilden konnte (Hippies, Grüne u.ä.), die einer als über-(!)-technisiert empfundenen, kalten Welt eine Zurück-zur-Natur-Haltung entgegensetzte.
Wie wohl in drei, vier Jahrzehnten die Menschen über das Jahr 2015 urteilen und richten werden?

Und jetzt noch meine Play-Empfehlungen an die beiden DJs am 2. Mai 2015, dem Jugendzentrums-Revival-Party-Abend (die verkaufszahlenbasierten bundesdeutschen Number-One-Hits 1974 bis 1982):

1974: „Rock Your Baby“ George McCrae
1975: „Paloma Blanca“ George Baker Selection
1976: „Daddy Cool“ Boney M.
1977: „Yes Sir I Can Boogie“ Baccara
1978: „Rivers Of Babylon“ Boney M.
1979: „So bist du“ Peter Maffay (spätere Aufnahme)
1980: „Sun Of Jamaica“ Goombay Dance Band
1981: „Dance Little Bird“ Electronicas
1982: „Maid Of Orleans“ Orchestreal Manoeuvres In The Dark (OMD)

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vgl. hierzu auch:
>>> Hitliste des Grauens - die Nummer-1-Hits der Deutsche Charts 74-82

(*) hier stand in der Erstversion von Stefan "Rock Me Baby" - eine schöne Freud'sche Fehlleistung
(**) Heino erklärt, warum Rauchen nicht schädlich ist
(***) Die Welt zu Gast bei Rauchern - www.nichtraucherschutz.de
(****) Browser-basierte C64-Emulation (erfordert ggf. Anpassung einiger Sicherheitseinstellungen)
(*****) Robotron-Schreibmaschinen Werbung aus den 70ern
(******) Die germanistisch-wissenschaftliche Beratungsabteilung des Blogs weist mit Recht darauf hin, dass es entweder Computer für zuhause oder Computer für zu Hause lauten muss (vgl. http://www.duden.de/rechtschreibung/zu_Hause), da es sich hier bei zuhause/zu Hause ja um ein Adverb handelt. Aber auch das Substantiv Zuhause wäre möglich: Computer für das Zuhause.

und siehe auch:

>>> Die ungleichen Kanzler (Brandt/Schmidt) Deutsche Welle (hier gibt Schmidt offenbar gerade seine "Tüte" an Brandt weiter)



Stefan:
Wieder mal eine umfangreiche (informative, spannende, lustige) Verlinkung mit You Tube und anderen Internet-Quellen, dafür Dank, Christian, und auch für die Ergänzungen am Textende, die das Ganze gewissermaßen zur einer Extended Version machen.

Christian:
;-)

Ása:
Liebe freunde auf damals, danke fūr die information von damals:). Und die bilder geschicte( faces) ich mōchte einfact sagen....ich freude mich unheimlich euch allem wieder zu treffen .....bis gleich:)

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