Samstag, 28. Februar 2015

Mehr alte Fotos!

Mox am Infostand, 197?
1974, Renovierung Juzet
vermutlich NK,74 oder 75


Wolfgang hat mir gerade neue Bilder geschickt, vielen Dank!
vermutlich NK, 14.2.1975

Grund genug für einen Aufruf an alle, die diese Zeilen lesen:
Bitte kramt in euren Archiven und schickt mir eure eingescannten Fotos, die irgendetwas mit dem Jugendzentrum zu tun haben! 


Und noch ein Aufruf:
Alle, die keinen AdBlocker aktiviert haben, sehen in der rechten Spalte eine kleine Anzeige. Jeder Klick auf diese Anzeigen spült der Party ein paar Cent in die Taschen! Also ausnahmsweise mal so oft wie möglich auf die Anzeigen in der rechten Spalte klicken ;-)




Hermien:
Da gerät man glatt in die Zeitmaschine ;-)

Christian:
Das ist ja auch der Sinn der Sache ;-)

Freitag, 27. Februar 2015

taz, die tageszeitung - auch ein Kind der 70er

22.9.1978, erste Nullnummer (www.taz.de)
Im September 1978, mitten in der Jugendzentrumszeit, erschien die erste von 10 Nullnummern der taz, bevor am 17.April 1979 schließlich die erste offizielle Ausgabe der tageszeitung veröffentlicht wurde.

Seitdem ist die taz bis heute die einzige Neugründung einer überregionalen Zeitung in Deutschland, die überlebt hat. Und sie transportiert, und sei es nur in homöopatischen Dosen, den Zeitgeist der 70er Jahre noch heute.

17.4.1979, die erste taz (www.taz.de)
Von einer treuen Genossenschaft, deren Mitglieder ihre Wurzeln selbst in den 60er, 70er und 80er-Jahren haben, immer wieder vor dem Untergang gerettet, und vor allem von motivierten Mitarbeitern getragen, die auch heute noch ideelle Werte (wenigstens zeitweise) höher schätzen müssen als monetäre, hat sich die taz einen festen Platz in der Zeitungslandschaft gesichert - steht aber heute wie alle Print-Publikationen vor großen Herausforderungen durch den digitalen Umbruch.

Trotzdem und dank erfolgreichem "Crowd-Funding" mit den Genossen kann sich die taz nun einen Neubau leisten: taz.neubau. Auf das taz-Genossenschaftsmodell, welches letztendlich auf einem starken Markenkern aufbaut und diesen kontinuierlich zementiert und emotional untermauert, dürften andere Printmedien mittlerweile neidvoll aufblicken.

Dagegen muss man sich die Gründungsphase Ende der 70er wohl ganz anders, chaotischer vorstellen und dabei denken an ....

... die ersten Tage, an den Haschischduft aus der Dunkelkammer und die Selbstausbeutung der Laien, die sich als Journalisten versuchten, und dabei „genial dilettantisch“ arbeiteten:

„Es hat funktioniert. Es hat deshalb funktioniert, weil wir keine Journalisten waren, sondern politisch motivierte Amateure. Die “taz” wandelte sich, ganz anders als wir uns das gedacht hatten, von einem radikalen Szeneblatt zum Medium des neuen alternativen Bürgertums – ihr Weg ähnelte dem der Grünen. Die “taz” wurde auch zur erfolgreichsten Journalistenschule der Nation – keine wichtige Redaktion ohne ehemalige “taz”-Redakteure.“
(aus: //journalistiklehrbuch.wordpress.com/)

die Entführung des
Kommune 1 -Tisches
www.squatter.w3brigade.de/
Legendär bleiben die Mythen um den taz-Konferenztisch aus der ehemaligen Kommune K1, an dem in der ersten Decade alle taz-Redaktionskonferenzen stattfanden, bis er im Rahmen einer Besetzung des taz-Gebäudes 1990 entführt und später spurlos verschwunden ist.

taz-Mitgründer Christian Ströbele hat den Tisch noch einmal geschichtshistorisch verortet, bevor er ihn "juristisch" in die Hände der Hausbesetzer übergeben hat - heute unfassbar, wer schon an diesem Tisch gesessen und gegrübelt hat.

Die taz-Frauen bei der
Durchsetzung der Quote, 1980
//blogs.taz.de/
Auch die ZEIT widmete dem Vorfall einen ausführlichen Beitrag und maß dem Tisch quasi-religiösen Status bei: Reliquie entwendet - Trauer bei der "Tageszeitung"

Der Nacktauftritt der Hausbesetzer, die 1990 den Tisch "übernahmen", erinnert wiederum an ein weiteres berühmtes allerdings um 10 Jahre älteres Bild von 1980 mit anderen Nackten am Konferenztisch. Das war, als die Frauenquote in der taz durchgesetzt wurde.

1999 sorgte dann die "Titten-taz", Teil einer "Erpressungskampagne" für mehr Abonnenten, für einige Aufregung und einige verärgerte Abo-Kündigungen. Sie bleibt als eine der spektakulärsten Abo-Kampagnen in der Erinnerung.

Wieviel Schwanz muss sein?
Zu einem weiteren stylistischen Nackt-Highlight der taz führte dann wiederum viele Jahre später die taz-Satire über die angebliche Penis-Verlängerung von Kai Diekmann, Chefredakteur der Bild, welche schließlich 2009 die Penisskulptur, den "Pimmel über Berlin", am taz-Gebäude initiierte.

Andere auch irgendwie auf den Zeitgeist der 70er und 80er zurückgehende Nackedeien im Zusammenhang mit dem Wunsch nach sexueller Befreiung brachten den Grünen und der FDP später den Vorwurf der damaligen Verflechtung mit Pädophilen und der taz den Vorwurf der Verharmlosung ein - schwere, nicht vollständig ausräumbare, und z.T. auch berechtigte Vorwürfe, die eine schmerzhafte und schamvolle Aufarbeitung erforderten.

Die wenigen nackten, aber vor allem die vielen politischen und journalistischen Kontroversen und Leistungen prägen das Bild einer Zeitung, die bis heute ihren Platz sucht, aber zum Glück nie gefunden hat. Für die einen ist sie linke, sozialistische oder kommunistische Kampfpresse, für die anderen ist sie nur ein Sprachrohr des saturierten, überduchschnittlich verdienenden, selbstgerechten Bürgertums der Gutmenschen. Ein journalistisches Produkt, welches so schwer einzuordnen ist, muss wohl vieles richtig gemacht haben.

In den von mir mitbewohnten WGs der 80er war ein taz-Abo Pflicht - für mich ist es das bis heute geblieben.

>>> die schönsten taz-Titel seit 1978
>>> taz blogs: 1980, erste Frauenquote der Bundesrepublik
>>> squatter: der Tisch und die HausbesetzerInnenbewegung in Ost-Berlin
>>> taz 3.9.1990: Christian Ströbeles Offener Brief an die Entwender des "Tisches"
>>> Wikipedia: Der Pimmel über Berlin, Friede sei mit Dir
>>> taz 17.11.2009 "Wieviel Schwanz muss sein?"

>>> die taz online
>>> die taz-Genossenschaft
>>> Wikipedia: Die Tageszeitung

Nachtrag:
Mit Datum 3.3.2015 schreibt mir die Lizenzabteilung der taz in Antwort auf meine Anfrage nach dem Nutzungsrecht der Bilder in diesem Beitrag die folgenden netten Zeilen:

Lieber Christian, vielen Dank für deine Nachricht und das damit verbundene Interesse an redaktionellen Inhalten der taz! Da die gemopsten Bilder so vorbildlich beschriftet und verlinkt sind und es auf der Seite noch diverse Verweise auf www.taz.de gibt, haben wir keinerlei Einwände, was die dargestellte Nutzung betrifft.

Mittwoch, 25. Februar 2015

1. Mai 1975, Bayreuth, Luitpoldplatz


"Der Erste Mai wird auch als Maifeiertag, Tag der Arbeit oder
Kampftag der Arbeiterbewegung bezeichnet. Er ist in Deutschland, Liechtenstein, Österreich, Belgien, Teilen der Schweiz und vielen anderen Staaten ein gesetzlicher Feiertag." (Wikipedia, siehe unten)

Der 1. Mai 1975 war selbstverständlicher Anlass für einige der damaligen Jugendzentrumsaktivisten und z.T. selbst Mitglieder der DGB-Jugend, an den entsprechenden Kundgebungen als Redner, Musiker, Helfer oder einfach Teilnehmer mitzuwirken.

 Nun hat Tini einige sehr schöne Schwarz-Weiss-Fotografien von damals gefunden, die hier nach langem Schlaf im Dunkeln endlich digital der Welt präsentiert werden.


Gut zu erkennen auf einem Foto das ehemalige "Haus der Deutschen Erziehung" am Luitpoldplatz,  früher Verwaltungssitz und Schulungszentrum des Nationalsozialistischen
Lehrerbunds (NSLB), heute Regionalleitung für Oberfranken von E.ON Bayern. Weder 1975 noch heute ist das Gebäude eine Schönheit, es bleibt trotz Umbau nach dem 2. Weltkrieg als Zeugnis klassischer Nazi-Architektur immer noch ein Mahnmal.

1975 wurde auch die Jugendzeitschrift WIR gegründet, allerdings erst nach den Kundgebungen zum 1.Mai, ansonsten hätte man sicher einen Bericht über die Kundgebungen in der WIR gefunden.
Vorbereitung auf die Rede

Ein Diskussionsabend zur Jugendarbeitslosigkeit kurz davor am 29.April 1975 im Jugendzentrum war allerdings grandios gescheitert (siehe Geschichte des Juzet).

>>> Erster Mai in Wikipedia
>>> Haus der Deutschen Erziehung, am Luitpoldplatz, Bayreuth
>>> Google Earth: Ansicht des Luitpoldplatzes heute
>>> WIR Jugendzeitschrift




Samstag, 21. Februar 2015

Hitliste des Grauens - die Nummer-1-Hits der deutschen Charts 74-82 ...

Niemand konnte den Nummer-1-Hits der deutschen Charts damals außerhalb des Jugendzentrums entkommen: Im Radio, im Fernseher, im Kaufhaus, bei Partys, zu Hause. Und wer erinnert sich nicht an Dieter Thomas Heck? Eine Negativ-Ikone des Zeitgeists inmitten der bleiernen Zeit.

Egal welcher Musikgeschmacksrichtung man damals anhing, die meisten der folgenden Hits wird jeder noch heute mitträllern können, ob erwünscht oder nicht: schlimme Ohrwürmer, die sich damals ganz übel in unsere Hirne eingenistet haben, und dort bis heute ihr zerstörendes Unwesen treiben ;-)

Aus den Nummer-1-Hits der Jahre 74-82 (siehe Wikipedia-Links unten) habe ich mal meine persönlichen Favoriten in den Kategorien:

  1. Hitliste des absoluten Grauens 
  2. Ggf. Party-tauglich, im Rausch (der Gefühle) hinnehmbar 
  3. Geht doch... 

erstellt.

In ihrer unsäglichen Macht sind ausgerechnet die Ohrwürmer der "Hitliste des absoluten Grauens" so stark, dass man sie heute z.T. schon wieder gut oder wenigstens belustigend finden muss. Auf jeden Fall fehlen sie auf kaum einer Ü50-Party.

Alle Titel verlinken auf die entsprechenden Musikvideos.

Hitliste des absoluten Grauens:

Vicky Leandros: Theo, wir fahr'n nach Lodz
Michael Holm: Tränen lügen nicht
Udo Jürgens: Griechischer Wein
Jürgen Drews: Ein Bett im Kornfeld
Baccara: Yes Sir, I Can Boogie
Boney M.: Rivers of Babylon
Village People: Y.M.C.A.
Dschingis Khan: Dschingis Khan
Roland Kaiser: Santa Maria
Gottlieb Wendehals: Polonäse Blankenese
Nicole: Ein bißchen Frieden

Ggf. Party-tauglich, im Rausch (der Gefühle) hinnehmbar:

ABBA: Waterloo
Penny McLean – Lady Bump
ABBA: Dancing Queen
Santa Esmeralda ft. Leroy Gomez: Don’t Let Me Be Misunderstood
John Travolta & Olivia Newton-John - You're the One That I Want
The Rubettes: Sugar Baby Love
Carl Douglas: Kung Fu Fighting
Kim Carnes: Bette Davis Eyes
Bachman-Turner Overdrive: You Ain’t Seen Nothing Yet
Shirley & Company – Shame, Shame, Shame

Geht doch...:

Blondie: Heart of Glass
Pink Floyd: Another Brick in the Wall
Soft Cell: Tainted Love
Culture Club: Do You Really Want to Hurt Me




















Quelle:
Nummer 1 Hits in Deutschland (Wikipedia)
197419751976197719781979198019811982

Dienstag, 17. Februar 2015

Gastbeitrag Ása/Aussa: The world is a book ...

Gestern Abend kam die folgende Mail aus Island:



ich habe was geschriben für unsere blog aber das hat nicht geklappt für mich das offentlich auf unsere web zu lassen.  Kannst du das bitte machen?  bitte bitte und danke ;-)  Ich habe schon mein flug gekaupt, und leider der Benni kann nich kommen wegen sein arbeit.  Ich fluge nach Frankfurt den 30 april und wieder zuhause denn 4.mai aus frankfurt aus.  I am so much looking forward

All the best
Ása

p.s.  I attach my letter  and I wrote  it in German ;-)

“The world is a book and those who do not travel read only one page.” (Augustine of Hippo)

Das Jahr ist 1976 und im eine kleine Insel in dem Norden wohnen 220.000 Leute. In dem Hauptstadt dort wohnt fast der Hälfte oder 85.000

In diesem kleine Hauptstädten wohnt eine Mädchen der 16 Jahre alt ist und ist fertig mit dem schule. Deswegen gibt es Zeit für diese Mädchen zu überlegen und denken was möchte ich noch mit meinem leben, sofort im Gymnasium Anfängen oder vielleicht was ganze anders zu machen. Irgendwas neues erfahren und erleben aber wie und warum und wo ?

Deswegen fängt plötzlich im ende Juli 1976 diese kleine Mädchen mit das blonde Haare von dem Stadt Reykjavik auf der Insel Island eine neues leben für einem Jahr im den Stadt Bayreuth in Bayern in der BRD als Austauschschülerin. Ohne Familie und Freunde von Island, ohne Sprache aber mit den Mut was neues zu lernen.

Im Bayreuth gab es eine wunderbare Gastfamilie Die Familie Karg, mit die liebe Gastmutter Lotta der sein Haus geöffnet hat für die Mädchen aus Island.  Im dem schule gab es auch zwei zolle Mädchen, die Susi und Mox, der haben die Isländische Mädchen mitgebracht im das Jugendzentrum und für seine Freunde kennengelernt.  Und wie ein Treff, liebergott, Das war einer Anfang von einer zolle zeit, mit neue Freunde, essen, Sprache, färbe, Musik, Erfahrungen und diese Mischungen hat das Lebenslauf die Mädchen aus Island und die Einstellung zum leben als Menschen in einer gemeinsame kleine Welt ganze verändernd.

Ja liebe Freunde von damals diese Mädchen bin ich die Ása , ich Freude mich unheimlich euch wieder zu treffen in unsere Revival Party zum 40.Jahrestag der Jugendzentrum, und mit euch wieder sprächen und erfahren was wir alles erlebt haben und gemacht die laßte 40 jähre ? Ja die zeit geht schon schnell vorbei und ich habe die Gefühlung das es einfach gestern war das wir habe diese wunderbare, zolle, unvergessliche Abenteuerliche zeit Zusammen erlebt.

ich habe schon mein Flug nach Deutschland gekauft und fliege nach Frankfurt denn 30 April. 

Liebe Freunde und Bayreuth here I come and I am so much looking forward to meet you ALL:)  Wir werden doch alle dort sein, nicht Wa?   

Sjáumst bráðlega......ykkar Ása

P.S. Liebe freunde ich brauche schon ein bisschen Übung mit das deutsche Sprache……hilfe ;-)

Montag, 16. Februar 2015

Drogen - verzerrte Wahrnehmung

Drogen - verzerrte Wahrnehmung: damit ist nicht die durch einen Drogenrausch möglicherweise verzerrte Sinneswahrnehmung gemeint, sondern wie verzerrt und unausgewogen die Öffentlichkeit "Drogen" und ihre Folgen damals in den Zeiten des Jugendzentrums wahrgenommen hat und noch heute wahrnimmt.

 Dies ist kein Beitrag "für" Drogen, aber auch keiner "gegen" Drogen. Drogen können gefährlich sein und sind auf keinen Fall gesund, egal ob es sich um legale oder illegale Drogen handelt. Dies ist der Versuch, Drogen eher rational zu betrachten und daraus abzuleiten, wie man in der Drogenprävention rein ökonomisch betrachtet am ehesten Schaden von der Gesellschaft abwenden könnte.

Ja, damals im Offenen Jugenzentrum haben für einen Teil der Besucher und Aktiven (darunter auch mich) Drogen wie Cannabis und Haschisch eine große Rolle gespielt - niemals IM Jugendzentrum, aber oftmals im Rahmen der Freizeitgestaltung außerhalb des Jugendzentrums. Wer dabei von der Polizei erwischt wurde, riskierte seine komplette Zukunft. In Bayern wurde eher gnadenlos abgestraft und Leben zerstört. Die politischen Parteien befeuerten die Stimmung, statt zu beschwichtigen.
http://www.zeit.de/...

Gleichzeitig hatte niemand ein Problem damit, dass wir uns als 16-jährige völlig legal mit Alkohol abfüllen und mit Nikotin befeuern konnten. Solange das nicht in Ruhestörung ausartete, war das völlig ok und wurde eher als Zeichen der Reife verstanden.

Dabei sind auch Nikotin und Alkohol Drogen - allerdings legale und sanktionierte Drogen mit einer starken Lobby im Hintergrund.

Die folgenden Zahlen kommen aus frei verfügbaren Quellen. Zwar stammen sie z.T. aus verschiedenen Jahren, sind nicht immer direkt in Beziehung zu setzen, und wer mit der Lupe sucht, wird sicher den einen oder anderen Fehler entdecken - an der Gesamtaussage, die sich durch die Zahlen aufdrängt, kommt man aber nicht vorbei - so oder so.

Tote durch Drogenkonsum
(pro Jahr in Deutschland)
Nikotinkonsum140.00065,1%http://www.stern.de/...
Alkoholkonsum
74.000
34,4%
http://www.welt.de/...
davon direkte Alkoholtote
15.000
7,0%
http://www.stern.de/...
Drogenkonsum (Heroin, Crystal Meth, … , Cannabis)
1.002
0,5%
http://de.statista.com/...

Das Verhältnis der Toten in Folge des Genusses legaler Drogen einerseits und illegaler Drogen andererseits ist frappierend. Rein ökonomisch und statistisch betrachtet macht der Aufstand und Aufwand um illegale Drogen eigentlich gar keinen Sinn. Der ganz große gesellschaftliche Schaden wird anderswo produziert, nämlich mit den legalen Drogen.

Auch über die Umschlagsmengen lassen sich Daten finden:

Umschlagsmengen
(pro Jahr in Deutschland)
reiner Alkohol pro Jahr778.800.000 Literhttp://www.stern.de/...
polizeiliche Cannabis Gesamtsicherungsmenge
1.770 kg
http://www.drogenbeauftragte.de/...

Jeder Drogentote ist ein Toter zuviel, aber es ergibt sich nur ein logischer Schluß aus diesen Zahlen:

Kümmert euch weniger um die "illegalen Drogen", kümmert euch stattdessen mehr um Alkohol und Nikotin!

Weniger Drogentote und damit eine hoffentlich bessere, gesündere Gesellschaft lassen sich am effektivsten und einfachsten durch einen veränderten Umgang der Gesellschaft mit Nikotin und Alkohol erreichen.

Dabei kommt der Art und Weise der Berichterstattung der Medien über legale und illegale Drogen eine besondere Bedeutung zu.

(selbst erstellt)
Zunächst ist auffällig, dass "Drogen" als Oberbegriff für alle illegalen Drogen eine erhebliche Bandbreite abdeckt: Heroin, Crystal Meth und synthetische Drogen in einem Atemzug mit Haschisch und Cannabis zu nennen ist dabei genauso ungenau und unberechtigt, wie bei den legalen Drogen das Trinken von Bier in einem Atemzug mit dem Schnüffeln von frei käuflichen Klebstoffen zu nennen. Hier muss viel genauer differenziert werden.

Die in diesem Zusammenhang oft verwendete Charakterisierung von Cannabis und Haschisch als Einstiegsdroge in harte Drogenwelten ist nicht per se abzuweisen, könnte aber allein schon damit zu tun haben, dass Cannabis und Haschischkonsumenten für den Erwerb ihrer Drogen in eine illegale Untergrundwelt abgedrängt werden, in der eben auch andere Drogen gehandelt werden. Im Übrigen fällt es einem gewohnheitsmäßigen Zigarettenraucher viel leichter, einen Joint zu inhalieren, als einem Nichtraucher. Ich kann mich allerdings nicht erinnern, dass Zigaretten deshalb jemals als Einstiegsdroge zum Kiffen verurteilt wurden.

Wie falsch das durch die Medien in der Öffentlichkeit produzierte Bild ist, zeigt sich z.B. an den Ergebnissen der folgenden Suchanfragen in Google News (am 15.2.2015):

Suchanfragen in Google News
Drogen Strassenverkehr405.000 Treffer
Cannabis Strassenverkehr114.000 Treffer
Alkohol Strassenverkehr106.000 Treffer

Das Verhältnis der Berichterstattung über Alkohol und Cannabis im Straßenverkehr ist angesichts der realen Anteile dieser beiden Drogen an Verkehrsdelikten und Unfalltoten schlichtweg ungerechtfertigt. Obwohl unzweifelhaft ist, dass die Anzahl der durch Mißbrauch von Cannabis im Straßenverkehr verursachten Toten minimal im Vergleich zu der durch Alkohol verursachten Anzahl von Toten ist, messen die Online-Medien Cannabis im Straßenverkehr offenbar eine größere Bedeutung bei als dem Alkohol. Es scheint fast so, als solle die übertriebene Berichterstattung über (illegale) Drogen den Blick von der übergroßen gesellschaftlichen Problematik der legalen Drogen abwenden. Vielleicht auch weil angesichts der tiefen kulturellen Verankerung des legalen Drogenkonsums hier keine Änderung möglich erscheint und einem Kampf gegen Windmühlen entspricht, mit dem man keine Wähler gewinnen kann.
http://de.statista.com/...

Da (unabhängig vom Straßenverkehr) 99,5% aller Drogentoten durch Alkohol oder Nikotin produziert werden, wäre dort am ehesten ein signifikanter Erfolg und eine für das Wohl der Gesellschaft wertvolle Veränderung zu erzielen. Rein logisch betrachtet wäre insofern ein Verhältnis der Berichterstattung über Alkohol und Nikotin und über andere Drogen von 200:1 vernünftig und eine Intensivierung der Präventionsarbeit im Verhältnis von 200:1 angemessen.

Inbesondere wenn man Alkohol direkt mit Cannabis vergleichen will, muss berücksichtigt werden, dass innerhalb der 1.002 Drogentoten pro Jahr Cannabistote (wenn es diese überhaupt gibt) nur einen geringen Anteil bilden. Insofern gleitet das Zahlenverhältnis von Alkoholtoten zu Cannabistoten so ins Lächerliche ab, dass sich seriöse Vergleiche eigentlich völlig verbieten.

Suchergebnisse aus Google News
Wenn man sich die Menge von 1,7 Tonnen beschlagnahmten Cannabis ansieht, und selbst wenn man diese Menge mit einem Schwarzmarktfaktor von 1.000 multipliziert (was wiederum für den Erfolg der Arbeit der Drogenfahnung ein jämmerliches Armutszeugnis wäre) und dann auf 1.700 Tonnen konsumiertes Cannabis pro Jahr käme, wäre dies immer noch ein winziges Volumen angesichts von  rund 800 Millionen Litern reinen Alkohols, der jährlich durch die Kehlen der Deutschen fließt.

Dass der Kampf gegen die (illlegalen) Drogen verloren ist, ist den meisten Experten ziemlich klar (http://www.spiegel.de/...), inbesondere solange der Staat Drogenkonsumenten und Abhängige zwingt, unter abenteuerlichen Verhältnissen an den Stoff zu kommen, statt den Vertrieb kontrolliert selbst zu übernehmen, dabei beste, reine Qualität zu garantieren und den Drogendealern damit das Wasser abzugraben. Aber wir, der Staat und seine Bürger, lassen die Drogenkonsumenten allein und zwingen sie in den Kontakt mit dem illegalen Untergrund, um danach herablassend zuzusehen, wie sich unsere Vorurteile an einigen wenigen Einzelbeispielen offenbar bestätigen, während man dabei legal einen Klaren kippt.
https://www.youtube.com/watch?v=byq5UIAYYkk

Denn wir haben keinerlei Probleme damit, kollektive und staatlich sanktionierte Drogenmißbrauchsorgien wie das Münchner Oktoberfest sogar international zu bewerben und die Besucher zum gnadenlosen Komasaufen zu motivieren. Wie groß ist wohl die Anzahl der Menschen, die jedes Jahr allein auf dem Oktoberfest vom Alkoholmißbrauch in die endgültige, zerstörende Alkoholsucht abgleiten und für die Gesellschaft verloren gehen? Zu diesem Kulturgut des Abendlandes hier ein schönes appetitliches Video: https://www.youtube.com/watch?v=byq5UIAYYkk

Nichts gegen das Oktoberfest, jeder ist seines Glückes Schmied, und es ist Aufgabe jedes einzelnen, seine Art des Umgangs mit dem Alkohol, so wie mit jeder anderen Droge, selbstverantworlich zu bestimmen.
http://www.welt.de/...

Aber warum um Gottes willen soll das nicht z.B. auch für den Cannabiskonsum gelten? Gleiches Recht für alle, letztendlich wäre das sogar eine Verfassungsfrage.

Und zu Nikotin, einem anderen schleichenden Gift, das wir natürlich gerne in fast jedem Raum des Jugendzentrums ohne jede Rücksicht auf Nichtraucher (gab es die damals überhaupt?) genossen haben, mag ich hier gar nichts sagen.

http://www.infosat.de/...
Auffällig ist nur, dass hinter Alkohol und Nikotin, den beiden statistisch schlimmsten, gefährlichsten und tödlichsten in dieser Gesellschaft gehandelten Drogen eine milliardenschwere Lobby-Industrie steckt.
Vielleicht erklärt das die unterschiedliche öffentliche Wahrnehmung. Ich kann mich erinnern, dass in meiner Zeit im Jugendzentrum der große Arbeitgeber BAT (HB, Lucky Strike, etc.) in Bayreuth Nachhilfekurse für Bayreuther Schulen gesponsert hat. Sollte man hoffen, dass einer der potentiellen zukünftigen Cannabis-StartUp-Milliardäre bald diese Rolle übernimmt?

Drogen sind ein schwieriges Thema: Drogengenuss zieht sich durch die gesamte Menschheitsgeschichte. Drogen sind ein riesiger Markt. Rausch scheint ein so tiefes menschliches Bedürfnis zu sein, dass ein generelles Verbot des Drogengenusses wohl keine Chance haben wird. Wenn dem so ist, dann wäre es allerdings vernünftig und ökonomisch logisch, bei der Prävention und der staatlichen Lenkung die Schwerpunkte ganz anders zu setzen, das öffentliche Problembewusstsein neu zu justieren, und denjenigen Drogen das größte Augenmerk zu widmen, welche absolut und statistisch den größten Schaden anrichten - und das sind leider eindeutig die legalen Drogen.

Zugleich erscheint eine staatliche Kontrolle des "illegalen" Drogenmarktes als sinnvoller Weg, zu einer Entkriminalisierung beizutragen, die Verdrängung der Rauschgiftkartelle zu unterstützen, und die unmenschliche Beschaffungskriminalität in den Griff zu bekommen..

Insofern ist die zunehmende politische Diskussion über die mögliche Legalisierung mancher Drogen, die in Zeiten des Offenen Jugendzentrums noch schwer geächtet waren, ein begrüßenswerter Schritt in die richtige Richtung.

Nachtrag (17.2.2015):
Die gesellschaftlich ambivalente Sichtweise auf und der unterschiedliche juristische Umgang mit legalen und illegalen Drogen beinträchtigen letztendlich, das worauf es ankommt:

  • unvoreingenommene Aufklärung und Prävention
  • umfassende Hilfe bei Suchterkrankung
  • Verringerung der gesellschaftlichen Ächtung jeder Form von Drogenabhängigkeit
  • Entkriminalisierung, Vermeidung von Beschaffungskriminalität
  • Anerkennung, dass Drogengenuss ein gesellschaftliches Phänomen ist
  • zugleich Anerkennung des Wunsches vieler Menschen nach Rausch als kein durch gesetzliche Eingriffe lösbares Phänomen



Donnerstag, 12. Februar 2015

Werner Kolb, der Motor des Offenen Jugendzentrums

Könnte man Artur Ziegenhagen vielleicht als die gute Seele des Offenen Jugendzentrums bezeichnen, so war Werner Kolb als 1.Vorsitzender des Vereins das Herz, der unermüdliche Motor und der Macher, der alle Widrigkeiten und Steine immer wieder aus dem Weg zu räumen wusste. Er hat das Jugendzentrum über all die Jahre begleitet und manchmal auch mit harten Bandagen und klaren Worten verteidigt.
Ohne Werner Kolb hätte es kein Offenes Jugendzentrum Bayreuth gegeben und die Lebensgeschichte vieler Jugendlicher einschließlich meiner wäre vermutlich um große Erfahrungen ärmer!

In der Geschichte des JUZETs finden sich unzählige Dokumente, die seinen Namen nennen, seine Unterschrift tragen, oder in WIR, Tappert und Nordbayerischer Kurier als Leserbrief oder Beitrag von ihm veröffentlicht wurden. Es lohnt sich wirklich, hier mal zu stöbern!

Heute hat Werner Geburtstag - Herzlichen Glückwunsch!



>>> Werner Kolb's Gastbeitrag: Provozieren und Provokation

Dienstag, 10. Februar 2015

Artur Ziegenhagen und die EIBA

Artur Ziegenhagen von der EIBA war so eine Art Eminenz, die im Hintergrund ihre wohlwollenden Fäden für das Offene Jugendzentrum und für die Jugendlichen wob.

In der Geschichte des Juzet finden sich zahlreiche Fundstellen mit Artur:

  • 17.10.1973 wurde Artur auf der Gründungsversammlung des Vereins Offenes Jugendzentrum e.V. zum Beisitzer gewählt.
  • 15.1.1975 erfolgte seine Wahl zum stellvertretender Vorsitzenden 
  • 19.-21.12.1975 war er Mitglied des Vorbereitungsteams für das 3.Oberfrankentreffen der Jugendzentren
  • Frühjahr 1976 veranstaltete Artur ein Filmseminar (siehe unten) 
  • 18.6.1978 Brief an Dr.Holzschuher 
  • 26.6.1978 Leserbrief an den Nordbayerischen Kurier 
  • 25.2.1979 referierte Artur vor dem SPD-Parteiausschuss 
  • 28.9.1979 Am Modellversuch scheiden sich die Geister. Oberbürgermeister Wild: "Ich habe große Hochachtung vor Artur Ziegenhagen. Er hat das Offene Jugendzentrum praktisch gerettet und eine Arbeit geleistet, die für einen Teil unserer Jugend viel Gutes bewirkt hat." 
  • 24.-26.10.1980 EIBA Seminar "Mitbestimmung - Selbstverwaltung" (das war dann schon unter Harry Imhofs Ägide)

In der WIR 1976-03 findet sich ab Seite 13 ein Bericht von Werner Wirth über ein von Artur und der EIBA im Frühjahr 1976 veranstaltetes Medienseminar. Es war ein unvergessliches Wochenende. Der folgende Text ist leicht gekürzt dem WIR-Artikel entnommen:

JUGENDARBEIT IN OBERFRANKEN, Evangelische Industrie- und Berufsschularbeit (EIBA) 

"Nicht nur anschauen, sondern selber machen !"
Wochenendseminar mit Chris Stelzer, Fachberater für Medienpädagogik

Dieses Seminar fand im Frühjahr statt. Artur Ziegenhagen aus Bayreuth, der für die EIBA in Oberfranken verantwortlich zeichnet, wollte es eigentlich im Haus der Einkehr in Himmelkron durchführen, aber irgendetwas war bei der Terminplanung schiefgelaufen und so wich man, um nicht ganz absagen zu müssen, kurzfristig ins Jugendheim der Deutsch-Französischen Gesellschaft in Faßmannsreuth bei Rehau aus. Die Veranstalter befürchteten zwar, daß nun nicht mehr alle, die sich angemeldet hatten, kommen würden, aber sie hatten sich geirrt. Wagen mit ziemlich allen in Oberfranken vorkommenden Kennzeichen irrten durch die Wälder rings um das verschlafene Grenzdorf, und irgendwie schafften es doch alle, das einstige Zollhaus, das seit einigen Jahren den stolzen Namen Jugendheim führt, zu finden.

wichtige Besprechung einer Filmgruppe
Der Begriff "Seminar zum Selbermachen " hatte nun plötzlich einen völlig neuen Sinn bekommen. Bezog er sich ursprünglich nur auf Zeichentrickfilme und Videobänder, so waren nun plötzlich auch das Überziehen der Betten, das Zubereiten der Mahlzeiten und – besonders schrecklich - das Abspülen mit inbegriffen. Nun ja, geschadet hat es bestimmt niemandem, und beschwert hat sich auch keiner. Und wenn einer versuchte, vorsichtig Kritik zu üben, erklärte ihm Artur Ziegenhagen gelassen: "Dafür kannst Du hier auch lauter schreien als in Himmelkron."

Trotz der eingehenden Beschäftigung mit der Hausarbeit blieb noch genug Zeit, um sich den Aktivitäten zu widmen, die im Rahmen des Seminars vorgesehen waren. Vier Arbeitsgruppen waren gebildet worden, und jeder konnte an zweien davon teiInehmen. So galt es zum Beispiel, auf belichtetes Dia-FiIm-Material eine Diageschichte zu ritzen. Hier war es besonders erstaunlich, wieviel Kreativität und Ideenreichtum die einzelnen Teilnehmer entfalteten. Die Entwicklung von einem Käfer, der fliegen kann, bis zu einem Käfer, der auf vier Rädern fährt, wurde dargestellt, oder es entstand zum Beispiel eine Illustration zu dem Hesse-Gedicht "Ein Ei ist die Welt - wer geboren wird, muß eine Welt zerstören".

Glückliche Selbstversorger
Eine andere Gruppe stellte – mit unbeschichtetem 8-mm Filmmaterial und Filzschreiber - einen eigenen Zeichentrickfilm her. Zwar gab es manchmal erstaunte Gesichter, als das Produkt künstlerischer Anstrengungen dann über die Leinwand flimmerte, aber das Prinzip, nach dem gezeichnete Bilder in Bewegung umgesetzt werden, dürfte jedem Teilnehmer klar geworden sein.

Weit weniger sinnvoll erschien manchem Seminarteilnehmer der Tesafilm-Film. Hier werden durch Aufdrücken von durchsichtiger Klebefolie aus Illustrierten und Zeitungen Bilder und Schlagzeilen entnommen , die dann völlig neue Sinnzusammenhänge ergeben. Was für Chris Stelzer wohl eine Art Symbol für die oft verlogenen Sinnzusammenhänge in der Werbung sein soll, wird von anderen Leuten wohl eher als nette Kindergartenbeschäftigung betrachtet.

Zweifellos der Höhepunkt des Seminars war allerdings die Arbeit mit dem Video-Rekorder, also mit einem Gerät, das Bild und Ton auf Band aufnimmt, wobei das Ganze dann über ein Fernsehgerät abgespielt werden kann. Beim Seminar konnte also jeder seinen eigenen Fernsehfilm drehen, und es entstanden auch ein paar ganz nette Filme. Da sah man bei der abendlichen Vorführung zum Beispiel einen Sturm auf einen Jägerstand oder auch eine Gruppe von Leuten, die sich alle so aufzuführen versuchten, als seien sie Tarzan.

>>> WIR 1976-03
>>> Geschichte des Juzet mit zahlreichen Fundstellen zu Artur
>>> EIBA, heute EJSA (Evangelische Jugendsozialarbeit)

(Artur wird hoffentlich zur Revival-Party kommen!)

Nachtrag 19.4.2015:
zufällig bin ich gestern über einige Originalfotos von dem beschriebenen Seminar gestolpert,