Donnerstag, 30. April 2015

Nordbayerischer Kurier - Offenes Jugendzentrum: Wiedersehen nach 40 Jahren

Heute, am 30.4.2015, erschien im Nordbayerischen Kurier ein weiterer dicker Artikel über die JuZet-Party (Druckausgabe und Online)

Mein absolutes Lieblingszitat: "Und eine Tombola wird es geben. Ganz spießig."

Stimmt! Aber es kommt noch schlimmer: Wir, diese seltsame Spezies der ehemaligen Jugendzentrumsbesucher, wir atmen sogar Luft wie alle anderen, auch ganz spießig ;-) und manche haben sogar halbwegs normale Berufe, und noch viel schlimmer: viele zahlen Steuern, super-oberspießig. Und da sind spießige Ehen, spießige Kinder, die Oberspießer unter uns sind mittlerweile Omas und Opas ;-)

Was können wir nur tun, um unser Image noch zu retten und adäquate Schlagzeilen zu produzieren?

Mao-Bibeln oder Kommunistische Manifeste auf den Tischen auslegen? Frau Merk-Erbe einen Joint anbieten? Das ehemalige Jugendzentrum besetzen? Wild protestierend durch die Stadt rennen? Die Internationale singen?

Ach, das wäre zu stereotyp, zu plakativ .... wie wäre es stattdessen mit einer, hmmm, spießigen Tombola??? Ja, das würde niemand von uns erwarten, das wäre doch eine coole, anarchistische, avantgardistische Aktion ;-)

>>> NK: Offenes Jugendzentrum: Wiedersehen nach 40 Jahren
>>> NK: Was ist an den Legenden ums Jugendzentrum dran?






Stefan:
Der 'Nordbayerische Kurier' und das journalistische Niveau - zwei Welten, die eher selten in Kontakt treten. Da scheint es echte Berührungsängste zu geben ;-)


Vor mir die Sinnflut - Erinnerungen an ein Biotop (Gastbeitrag von Wolfgang)

Ein toller Beitrag nach dem anderen kommt hier an, diesmal von Wolfgang! Danke!

Angekommen bin ich mit 17. Im Sommer 1979.
Mein älterer Bruder hatte mir ein Zimmer bei Bekannten zur Untermiete klargemacht.
Meine Eltern waren beruhigt. Ich fand´s scheiße.
Aber erstmal weg sein. 50 Kilometer weit weg. Von Wunsiedel.
Sinn und Zweck der Geschichte: Fachoberschulabschluß.
Das war die offizielle Version.

Eigentlich wollte ich mich nur treiben lassen. In der Stadt.
Habe ich dann auch getan. Mit Wonne.

Nach 2 Monaten hatte ich endlich die Möglichkeit eine eigene Wohnung zu haben. In der Inselstraße, hinter dem Knast. 2 Zimmer, keine Heizung aber möbliert  mit einer Matratze einem Tisch und 2 großen Schränken (in einem waren erstaunlich viele Autoradios untergebracht - einer der Vormieter musste anscheinend ein fanatischer Sammler gewesen sein). Ich habe mich nicht groß darum gekümmert und irgendwann waren sie dann auch mal weg). In der Küche standen noch große Erdnussbutterbecher aus dem PX-Laden herum. Meine erste Erdnussbuttererfahrung. Danach schnell die Anlage aufgebaut, die Matratze mit Mutters Spannbetttuch bezogen und in die Stadt gegangen.

WIR 1981-02
Ich war selten in meiner neuen Wohnung. Viel lieber war ich nach Besuch der FOS unterwegs: erstmal im Café, später JuZ, Pritscherprackl, Holzwurm... in unterschiedlichen Reihenfolgen. Eine kleine Stadt bündelt Individualisten, deswegen war das Kennenlernen neuer, gleichgesinnter Menschen nicht schwer. Ich weiß nicht mehr wo, wann und wie ich  Thomas Steiner und Thomas Böhm kennen gelernt hatte, jedenfalls fand ich mich im Frühling 1980 im Redaktionsraum der „WIR“ wieder, und klebte mit Fixogum schreibmaschinengetippte Papierschnipsel auf Pergamentpapier um die Druckvorlagen zu erstellen. Oldschool Desktop Publishing.

Impressum WIR 1981-02
5 Ausgaben habe ich mitgemacht, Titelseiten gestaltet, mich in Cartoons versucht und Weißräume zugekritzelt. Die letzte Nummer (2/81) haben Thomas Steiner und ich anscheinend fast alleine gemacht (man beachte die zickige Bemerkung im Impressum: „Lay-Out: Wolfgang Seiß, Thomas Steiner 22 ½  Seiten. Hof: 1 ½  Seiten“). Dank der dünnen Personaldecke konnten wir aber auch deswegen ohne große Diskussionen Isabelle Huppert auf das Titelblatt hieven, die uns beim Besuch der Hofer Filmtage in Claude Gorettas Fim „Die Spitzenklöpplerin“ zu Tränen gerührt hatte.

Ich schloss die Wohnung in der Inselstraße kaum ab. Nie ist etwas weggekommen (mal abgesehen von den Autoradios). Manchmal, wenn ich nachts nach Hause kam, waren Leute da, die ich noch nicht kannte. Egal – die Wohnung war groß genug.

10 Erinnerungen an diese Zeit:

  • Der Stand der DKP vor dem Hertie
  • Der alte Flipper im Pritscherprackl
  • Von einem Zivilbullen anlässlich einer Demo zur öffentlichen Vereidigung gepflegt eins auf die Schnauze zu bekommen.
  • Das DAF Konzert im alten Bahnhof in Hof
  • Buñuels „Würgeengel“ auf 16mm im JuZ
  • meine Rockpalast Party anlässlich des ZZ Top Konzerts in der ARD mit meinem kleinen s/w Hitachi Fernseher, vielen Menschen und viel zu viel Drogen.
  • Die erste Bekanntschaft mit einem Korg Ms 20
  • Die nagelneue Platte der Lounge Lizards zusammen mit Thomas Steiner zu hören.
  • Wichtig sein zu können
  • Unwichtig sein zu können

Im Herbst 1982 war meine Zeit im warmen Becken vorbei.: Zivildienst. Das Leben mit und in der Gesellschaft  begann.



Stefan:
Aaah, die Lounge Lizards! Mit John Lurie am Sax, nicht wahr? Diesen Bandnamen (& die zugehörige Musik) habe ich seit Jahrzehnten nicht mehr gehört. Weiß noch, wie groß (-artig) das war. Mein DAF-Erlebnis war übrigens in Weisenohe (altes Kino), das war das Schlüsselerlebnis schlechthin und die definitive Zeitenwende. Im Alten Bahnhof in Hof war ich, waren wir (beide) oft. Danke für diesen Vergangenheitsflash-Text.

Mittwoch, 29. April 2015

Bis in 3 Tagen!

Tja, es ist unfassbar. Aus ehemals 200 Tagen sind nun 3 Tage geworden und wie sich alles rund um die Party entwickelt hat, war so nicht vorherzusehen. In den letzten Tagen gab es noch einmal erstaunliche Zuwächse:
  • das Sponsorenkonto ist gut aufgefüllt worden (Danke an alle bisherigen Spender!)
  • das Lager der Tombolapreise ist voll (Danke an alle Tombolasponsoren!)
  • der Mailboxverteiler ist weiter gewachsen
  • und in den letzten Monaten haben die Gastbeiträge kontinuerlich zugenommen (Danke allen Autoren!)
Übrigens ist in allen diesen 4 Schachteln immer noch etwas Platz... ;-)

Zum zeitlichen Ablauf am Samstag, den 2.Mai:

  • 15:00 Der Aufbau im Schoko, wer Lust und Zeit hat, ist gerne willkommen. Bitte Kuchen mitbringen, damit es es eine schöne "Pre-Session-Party" wird
  • 18:30 öffnet der offizielle Einlass
  • 19:00 beginnt es offiziell
  • 19:30 startet das Programm
    Alles weitere ergibt sich .... Verschiebungen im Terminplan und sonstige Pannen sind garantiert ;-)


bio-bio.de
Eintritt:

  • 7,-- EUR (inkl. bio bio Buffet)
  • kostenlos für Sponsoren (bitte am Einlass Bescheid geben)
    => es lohnt sich, noch schnell Platinum-Sponsor zu werden => Sponsorenseite



Wer das Schoko nicht kennt:



Und für euch alle habe ich hier noch einen kleinen Gimmick zusammengebaut, ein 12-minütiges Bilder-Video der Geschichte des JuZet mit kostenloser, gemafreier Musik von Frametraxx (was ich halt auf die Schnelle finden und zusammenmischen konnte, es ist allerdings eher kein 70er-Sound ;-). Einfach mal draufklicken.

Video "Geschichte des JuZet"
Frametraxx Banner


Für alle, die von außerhalb kommen, eine schöne Anreise!
Für die "Bareida": genießt den 1.Mai wie vor 40 Jahren (1.Mai 1975 Bayreuth Luitpoldplatz)

Wir sehen uns am Samstag!

Der Junge mit dem Plastikeimer als Schultasche....

Super, was hier via Kontaktformular so alles reinkommt:

Hi, ich war der Junge mit dem Plastikeimer als Schultasche ;-)  Ralf hatte mich vor 14 Tagen mal via Facebook kontaktiert und von diesem wunderbaren Fest erzählt. Leider kann ich nicht kommen aber ich werde bis Morgen noch einen kleinen Gastbeitrag schreiben...
Grüße aus München, Wolfgang

>>> Plastikeimer? siehe Stefans Artikel "Veränderungen 1977-1982"

Dienstag, 28. April 2015

Kiffer & Kommunisten (Gedanken beim Laufen) => gedacht von Stefan

Es hat geregnet in der letzten Nacht. Die Phase der trocken-warmen, wolkenlosen, sommerlich wirkenden Apriltage ist erst einmal vorbei. Auch wenn dies viele Menschen bedauern mögen, der Natur scheint es zu gefallen: Die Vegetation wirkt üppiger als zuvor, das Grün grüner, und mit jedem Atemzug, den ich auf meiner Laufstrecke durch den Wald mache, kommt eine Extradosis Frische in die Lunge, eine pulmonale Sauerstoffdusche, eine Art Wrigleys-Spearmint-Effekt, ohne Kaugummi kauen zu müssen (wäre beim Joggen auch hinderlich). Während sich die Geräusche des Waldes mit den elektronischen Klängen aus den iPod-Ohrstöpseln („Neuland“ von Pyrolator) mischen, Herz- und Schrittfrequenz sich auf ein gleichmäßiges Niveau im oberen aeroben Bereich einpendeln, der ganze Organismus in einen Wohlfühlzustand irgendwo zwischen Marathon-Modus und Meditation hineintriftet, verschwinden langsam alle Sorgen aus dem Kopf.

Bis auf zwei:

  1. Hoffentlich kommt kein leinenloser Hund des Weges, der (laut leinenschwingendem Herrchen/Frauchen in hundert Metern Entfernung) „nur spielen will“, und
  2. kein zigarettenrauchender Spaziergänger, dessen Giftschwaden mich um meinen Frischluftkick bringen.

Wieso müssen Menschen sich eigentlich freiwillig einen Hund ins Haus und Rauch in die Lungenflügel holen? Okay, beim Hund kann ich es noch verstehen: Es macht sicherlich Spaß zuzusehen, wie dieser den Postboten, Nachbarn, Jogger zerfleischt und in Stücke zerreißt.

Aber Rauchen? Und dies schon seit Jahrtausenden. Kein Druide, Medizinmann, Schamane der Menschheitsgeschichte, der sich nicht durch irgendein Gedampfe die Sinne benebeln ließ (bzw. die Sinne erweitern/befreien ließ, wie der Benebelte zu meinen glaubte).

So war das Rauchen in verschiedenen altamerikanischen Kulturen schon lange üblich und wurde dort in erster Linie rituell betrieben. Älteste Darstellungen rauchender Maya-Priester sind schon von 600–500 v. Chr. bekannt. Die Priester der Maya zündeten heilige Feuer an und inhalierten dann den Tabakrauch.

Darüberhinaus gibt es in diesem Blog historisches Bildmaterial aus dem Jahre 1977 n. Chr., das den Autor dieser Zeilen als zigaretterauchenden Junghippie zeigt.

Und erst das Kiffen!

Cannabis wird schon in 4700 Jahre alten chinesischen Lehrbüchern erwähnt. Der älteste Marihuanafund datiert auf die Zeit um 700 v. Chr. und war eine Grabbeigabe.

Ob man in dem Gebäude des Offenen Jugendzentrums Bayreuth jemals Marihuana-Beigaben finden wird, ist eher zweifelhaft, denn im JuZet selbst wurde nicht gekifft (wie auch Christian in seinem Blog-Beitrag vom 16. Februar 2015 schreibt), außerhalb aber taten dies einige Leute ständig und überall (Stadtmauer, Hofgarten, Privaträume etc.), andere selten und eher aus Gruppenzwang, wiederum andere hielten sich ganz raus.

Langhaarige, Drogenbenebelte, Kommunisten: Dies war in etwa die Meinung der ´braven´ Bayreuther (und Bayreutherinnen, um politisch korrekt zu formulieren) über die JuZet-Besatzung. „Ich werde dich nicht kampflos diesen Kommunisten überlassen“ soll ein Vater seiner Teenage-Tochter gesagt haben, als diese immer tiefer in die Jugendzentrumswelt eintauchte. Wie war es eigentlich damit?

Irgendwie links waren wir alle, einige eher irgendwie, andere eher links. Es gab Jusos, Judos (ja, die FDP-Jungdemokraten waren damals links), Spontis und Was-weiß-ich-noch-alles. Und es gab die Orthodoxen von der DKP-nahen SDAJ, der „Sozialistischen Deutschen Arbeiterjugend“, in deren Reihen man die Arbeiter allerdings mit der Lupe (bzw. mit dem Elektronenmikroskop) suchen musste.

Auch ich hatte eine Liaison, besser: einen Flirt mit dieser Organisation, die schon mal verlauten ließ, dass man nur gegen die bundesrepublikanischen Kernkraftwerke sei, die DDR-Atomkraftwerke hingegen seien sicher, da nichtkapitalistische, volkseigene Betriebe.


(Bei Gelegenheit werde ich einen dialektisch geschulten Menschen fragen, wie die ein paar Jahre nach dieser Aussage stattgefundene sozialistische Kernschmelze von Tschernobyl einzuordnen ist.)

In dem Alter, in dem andere ´Bravo´ lesen, hielt ich die eine oder andere ´Elan´ in Händen, die SDAJ-Bravo gewissermaßen: aufwändiges Layout, Farbfotos, allerdings kein Starschnitt und kein Dr. Sommer (worunter ich heute noch leide).

Als mit dem Aus der DDR 1989 keine SED-Gelder mehr Richtung DKP/SDAJ flossen, war auch Schluss mit ´Elan´. Ich selbst hatte mich bereits ca. 1978, also 16-jährig, sukzessive verabschiedet und dem Lesen der ´Sounds´ zugewandt, auch wenn diese ebenso keinen Starschnitt und keinen Dr. Sommer hatte.

Dafür hatte sie Jörg Gülden (der übrigens, wie ich eben gegoogelt habe, leider 2009 verstorben ist).


>>> Sounds-Archiv






Hermien:
Ach ja, was habe ich mich über die "sicherene" AKWs in der DDR aufregen können

Stefan:
Du sagst es.


Montag, 27. April 2015

E1 (Gastbeitrag von Otmar)

Das kam gerade hier an, also schnell noch reingestellt, Danke Otmar!



Hallo Christian,
du wirst sicher noch einige darauf erkennen. Leider ist das Foto nicht so richtig scharf, lag wahrscheinlich am Alkohol.

Ja, und da gab es so ein paar Menschen, die saßen früh in der Vorlesung beim Herrn Heinisch und am Abend neben  seinem Sohn im JuZet in der Schulstraße. Die meisten kannte man ja nicht, denn dank der Rauchschwaden war eigentlich niemand so richtig zu erkennen. Aber die Stimmen merkte man sich. Wir als Nichtbayreuther, die wie ich aus anderen Jugendzentrumsinitiativen kamen, fanden hier eine Bleibe.

Im Sommer 75 waren sechs Studenten, die sich über die GEW kannten in die Altbauwohnung zwischen Unterer Maxstraße und Jahnstraße eingezogen. Wir nannten unsere WG die E1.
Woher kam eigentlich der Name? Hier stand bei unserem Einzug über dem Cafe Scherer, später Cafe Zollinger, gegenüber noch der Eck-Schoberth und hier begann die Erlanger Straße. Und da gab es noch die anderen Kommunen K1 usw. Also wurden wir die E1.

Wer was auf sich hält, feiert auch anständige Feste und schon war die Rote Weihnacht geboren. Wir hatten immer einen riesigen Parkplatz vor dem Haus, denn etwa 1976 wurde die ganze Ecke Kulmbacher Straße/Erlanger Straße plattgemacht für eine Atombunker-Tiefgarage. Nur die frühere Buchhandlung Teestube blieb erhalten. Wenn wir nicht im JuZet waren, konnte man uns beim Michel, dem Griechen in der Römergasse, oder im Deutschen Haus antreffen, oder in der Germania gegenüber der Friedhofskirche ...


Die Bedeutung des Offenen JZ-Bayreuth 1976/77 (Gastbeitrag von Edwin)

Ein weiterer Gastbeitrag von Edwin - Hintergrundinformationen und neue Dokumente, Danke!

Die Bedeutung des Offenen JZ-Bayreuth 1976/77 - Ort der Kommunikation, Koordination und Unterstützung der JZ-Bewegung Oberfrankens - im Spiegel subjektiven Erlebens


Das JZ Bayreuth hab ich als einen sozialen Mikrokosmos weitgehend ähnlicher Bedürfnisse erlebt. Dennoch hatte die individuelle Verschiedenheit ihren selbstverständlichen Platz. Das JZ war ein Kulturort einer offenen Gedankenwelt, Kontaktort für fremde Menschen und Veranstaltungszentrum. Das JZ war Bühne für die freie Jugendzeitung WIR: Ihre Redakteure kreierten eine selbstbewusste Gegenöffentlichkeit die man – zwar klein und bescheiden  - der kommunalen Berichterstattung polar gegenüberstellen konnte, ja musste! Das JZ sorgte so auch für alternativpolitische Präsenz und entsprechende Erfahrungen in Bayreuth. Auch eine gewisse Cliquenstruktur erlebte das JZ - trotz aller Offenheit der Besucher - die Jugendlichen mit höherer Bildung dominierten. Cliquenstrukturen wurden jedoch auch von außen erzeugt, wenn das JZ Ort des Zusammenhalts wurde, zum Beispiel bei Stigmatisierung durch Nachbarn des Jugendzentrums, die zu Unrecht in ihren wilden Phantasien diesen heiligen Ort in einen Ort von Drogen und Gesellchaft-gefährdender Gesinnung verwandelten. So schickten die Nachbarn ohne Not - in meiner einjährigen Praktikumszeit - ein paar Mal die Polizei, damit diese nach dem rechten sah. Aber sie fanden nichts anstößiges

Das Bayreuther JZ war eine ungeliebte Einrichtung für die Jugendpflege. Diese hatte andere Vorstellungen von einem kommunal geförderten Jugendzentrum für die Jugend. Den JZ-Akteuren des offenen und selbstverwalteten Jugendzentrums war das egal, denn es war klar, dass sie nicht im Sinne der Stadtjugendlichen lebten und handelten. Sie konnten und wollten das von der Stadt ab1977 geplante kommunale JZ nicht ersetzen, da mit ihm ein anderer Teil der Jugend und ein anderes Lebensgefühl verankert werden sollte.

Für harte, aber erfolgreiche Auseinandersetzungen mit der Stadt stand dem Verein ihr politisch versierter Vorsitzender zur Seite. Dies reichte, gelegentliche Konflikte letztlich erfolgreich zu gestalten (siehe Dokumentation Geschichte des JuZet)). Eine Vereinsgründung war auch bundesweit lange Jahre ein Erfolgsmodell und wichtiges Element im Kampf für die Entstehung und  Absicherung von selbstverwalteten  JZs, als Motor gegen städtische Ablehnung und Ignoranz und für die Integration der unterschiedlichen alternativen Gesinnungen.

So hatte des Bayreuter JZ unbestritten eine sehr hohe Bedeutung für die „alternativen“Jugendlichen der Stadt Bayreuth, aber auch für alle gegenkulturellen Vertreter anderer JZs und Inis im Umland Oberfrankens (siehe Beitrag Artur)

Die unschätzbare Bedeutung der freien Jugendzeitung WIR damals für die Unterstützung der Akteure in JZ und JZ-Inis in Oberfranken ist heute natürlich leichter zu erkennen. Damals inmitten des leidenschaftlichen Lebensgefühls und Aufbruchs, war es nicht mehr als eine Selbstverständlichkeit, Einzelkämpfer in oberfränkischen JZs miteinander zu vernetzen und damit zu unterstützen. Andrea´s Gastbeitrag  hat dies wunderbar beschrieben.

Die EIBA (heute EJSA) wurde zum notwendigen Organisationsmoment mit Feuerwehrfunktion für Hilfesuchende JZ und Inis. Dabei griffen die Unterstützung der EIBA und der WIR ineinander. Darüber hinaus wurden auch die Studenten-Praktikanten der EIBA, die ihr praktisches Studienjahr im Rahmen des Sozialarbeiterstudiums absolvierten und in den JZs eingesetzt waren, zu temporären Akteuren und Unterstützern der Jugendzentrumsszene in Oberfranken (wie viel Jahre weiß ich nicht).

Bundesweit gibt es ab Anfang 1976 die ersten Versuche, über eine regionale Organisierung der JZ-Bewegung ihre politische Substanz zu verbessern und einen kontinuierlichen Arbeits- und Informationsaustausch aufzubauen. Februar 1977 ist es auch in Oberfranken soweit - nach dem Muster des bundesweit agierenden Koordinationsbüros für Initiativgruppen der Jugendzentrumsbewegung in Hagen – wird ein Koordinationsbüro gegründet.



Die Möglichkeit regionalen JZ-Entwicklungen unter die Arme zu greifen war damit noch besser gegeben, die Mittel zur Umsetzung jedoch bescheiden: Vervielfältigungsverfahren mit Wachsmatrize und postalisches Verschicken kann man sich heute gar nicht mehr vorstellen.
Dennoch: Das oberfränkische Koordinationsbüro in Bayreuth war gut geeignet, zu bestimmten Themen Vortragsreisen durch die oberfränkischen JZs zu organisieren. So folgten – in dem Jahr 1976/77 zum Beispiel Vortragsreisen von einem Sozialarbeiter aus Venezuela, der über die sozialen Struktur-Probleme seines Landes berichtete und von einem von Berufsverbot Betroffener Lehrer aus Bayern.

Neben dem offenen JZ in Bayreuth gab es - soweit ich es für meine aktive JZ-Zeit 1976/77 einschätzen kann - in ganz Oberfranken kein anderes, dass ähnlich in der Lage gewesen wäre, Anker für andere JZs zu sein, wie es das offene und selbstverwaltete JZ Bayreuth war.

Fazit: 
Das Offene JZ Bayreuth (1974-1982 ) diente als fabelhafter Katalysator für den Aufbruch des gegenkulturellen Protests in Bayreuth. Die Jugendzeitschrift WIR mit ihren Unterstützern und Redakteuren war substantieller Bestandteil des Offenen JZs, Unikat und Sprachrohr für (andernfalls nicht veröffentlichbare) Meinungen. Mithilfe der EIBA und auch der Gründung eines Koordinationsbüros für Jugendzentren und Initiativen befand sich das offene JZ im Trend der bundesdeutschen Jugendzentrumsbewegung, jenseits von Provinzialität.

Nachrede:
Man legt in Deutschland 3 Phasen der Jugendzentrumsbewegung zugrunde (Phase I 1970-1975; Phase II 1975-1980; Phase III ab 1980).
Die Veröffentlichungen zur Jugendzentrumsbewegung dokumentieren im Verlauf der 70-ger Jahre ein rasant sich veränderndes Verständnis politischer Einflussnahme: Beinhalteten die Veröffentlichungen zur Jugendarbeit um 1970 noch antikapitalistische Zielstellungen und eine klar politische Zentrierung, so wurden die Ziele Mitte bis Ende der 70-ger Jahre von erfahrungsbezogenen, emanzipatorischen Zielstellungen abgelöst und wesentlich genügsamer.

Das Buch „Träume Hoffnungen, Kämpfe“ wurde in der Hochzeit der Jugendzentrumsbewegung zu dem „Lesebuch“ für JZ-Interessierte, es wird 1977 von  Herrenknecht / Hätscher/ Koospal veröffentlicht und beschreibt das Aufbegehren rund um die Jugendzentrumsbewegung.

…. Akteure und Unterstützer des Offenen JZ Bayreuth wurden älter und gingen schließlich: zum Studium oder zur Ausbildung. Konnten so ihr gewonnenes Potential in neuen Wirkungsbereichen freisetzen - wurden z.B. Geburtshelfer neu gegründeter Bürger-Initiativen. Gratulation!



Martin:
Ganz großartige Zusammenfassung. Danke Edwin. Ich hoffe, wir sehen uns am Samstag!

Literatur .... (Gastbeitrag von Oliver)

Toll, noch ein Gastbeitrag von einem neuen Autor! Danke, Olli!

Spät,doch hoffentlich nicht zu spät kommt sie nun doch noch, meine ganz persönliche Buchauswahl.
Es handelt sich hierbei um Autoren und einzelne Werke, die für mich in der Zeit zwischen 1974 und 1982 von mehr oder weniger großer Bedeutung waren. Manche der Titel sind mittlerweile sicher als Produkte des damals herrschenden Zeitgeistes einzustufen, andere dagegen können als "zeitlos" gelten....

Nun denn....:1974 war das Jahr, in dem ich (1) JACK KEROUAC für mich entdeckte und "UNTERWEGS" wurde zum Bekenntnis! Freiheit, Ungebundenheit, Trampen, Musik, Mädchen-----------dies alles von den USA der Fünfziger auf das Deutschland der Siebziger zu übertragen stellte kein Problem dar, wenn auch die Musik und die Landschaften andere waren...



Auf ganz andere Weise wurde (2) HERMANN HESSE von nun an zum ständigen Wegbegleiter. Wer hätte sich der Magie des "Steppenwolf" entziehen können? Der ewige Widerstreit zwischen Geistigem und Sinnlichem. Hesse sprach mir aus und in die Seele, natürlich auch mit dem wundervollen "Siddharta".

Mein Bedürfnis und meine Neugier auf Übersinnliches, Geheimnisvolles, Spirituelles wurde von  niemandem  so gut befriedigt wie von (3) GUSTAV MEYRINK, und hier ist selbstverständlich "Der Golem" zu nennen, diese düstere Geschichte, die den Leser in die verwinkelten, schmutzig-düsteren Gassen des alten Prager Judenghettos führt. Allein der Romananfang nimmt einen unwiderruflich gefangen....! Doch auch "Das grüne Gesicht" oder "der Engel vom westlichen Fenster" zogen mich damals in ihren Bann!

Wenn ich schon vom Übersinnlichen spreche, darf natürlich der große (4) H.P. LOVECRAFT nicht unerwähnt bleiben...! "Berge des Wahnsinns", "Der Fall Charles Dexter Ward" und der "Cthulhu"-Mythos entführten mich in eine Welt, die voll von Unheil und Bösem war, eine Welt, die gottseidank zwischen die Seiten der Romane dieses mehr als seltsamen amerikanischen Autors gebannt war.

Fantasiewelten ganz anderer Art hatte (5) J.R.R TOLKIEN erschaffen."Der Hobbit" war fast in jeder fransigen, nach Patchouli duftenden Umhängetasche zu finden, und für die von uns, die mehr Ausdauer beim Lesen besaßen, gab es ja auch noch.....genau,den " Herr der Ringe", das ich persönlich bis zum heutigen Tag nicht gelesen habe. Ich hatte mir eine englische Ausgabe mitbringen lassen, die meine damaligen Englischkenntnisse so überstieg, dass ich wohl über die ersten 150 Seiten nicht hinauskam....

Doch möchte ich noch einmal auf die Weggenossen sowohl in der Zeit als auch im Geiste von Jack Keruoac zurückkommen. (6) WILLIAM S. BURROUGHS, der große Außenseiter der amerikanischen Beat-Generation und seine nicht gerade leicht zu lesenden Romane "Softmachine", "Naked Lunch", "Nova Express",etc. gehörten zum Kanon dessen, was man gelesen haben m u ß t e, wenn man wirklich mitreden wollte, auch wenn man u. U. nicht genau wußte, WAS man dazu sagen sollte außer einem lässigen;"Cool"...

Wesentlich entspannter und wirklich als literarischer Hippie zu bezeichnen war (7) RICHARD BRAUTIGAN. "In Wassermelonen Zucker"--------welch ein vielversprechender Titel! Und auf dem Cover der Taschenbuchausgabe dürfte so manche "Mischung" gebröselt worden sein....?!

Wenn man ziemlich unverblümte Schilderungen von ganz unromantischem,weil rein lustvollem Sex lesen wollte,und gleichzeitig aber dem Anspruch genügen wollte,"Literatur" zu konsumieren, kam vor allem (8) HENRY MILLER in Frage. "Sexus","Plexus","Nexus" , "Wendekreis des Krebses", "Wendekreis des Steinbocks" und wie sie alle hießen, wurden damals inhaltlich der Pornographie zugerechnet (zumindest von konservativeren Kritikern), galten eben aber auch als richtige Literatur, was praktisch war....

Ein Roman, den ich erst etwas später, so um `82 mit Begeisterung las, stammt von dem französischen Autor (9) MICHEL TOURNIER. "Freitag oder im Schoß des Pazifik" ist eine hervorragende Neuinterpretation der Robinson Crusoe -Thematik, auf eine psychologische-philosophische Ebene verfrachtet und sicherlich auch heute noch unbedingt lesenswert!

Zum Abschluss sogar noch etwas Lyrik der besonderen Art! (10) WOLF WONDRATSCHEKs "Chucks Zimmer" sind Gedichte, in denen man sich auch als junger,eher unangepasster Mensch wiederfinden konnte und haben eher das Tempo und die Dynamik von Rocksongs der besseren Art! Immer wieder gut!!!

Da der literarische Kosmos meines Erachtens fast ebenso unendlich ist wie der astronomische, möchte ich meinen kleinen Streifzug durch für mich wichtige Bücher des  oben genannten Zeitraums hier beenden,denn was kann man schon über die Unendlichkeit sagen.....????
Falls er dem einen oder andern eine Anregung zum Nachforschen gegeben hat, freut mich das, und darüberhinaus kann ich mit voller Überzeugung sagen: " KEEP ON READING!"

Sonntag, 26. April 2015

GlüStV, AGGlüStV, und die Tombola der JuZet-Party

Was es alles gibt, und wie auch kleine Dinge große, komplexe Problemfelder berühren können:

Meine Mail an die Regierung von Oberfranken, Sachgebiet 10 - Staatsrecht, Sicherheit und Ordnung, am 24.4.2015 um 15:10:

Sehr geehrter Herr .... ,

Ich lese zufällig von einem

  • Staatsvertrag zum Glücksspielwesen in Deutschland (Glücksspielstaatsvertrag - GlüStV), GVBl 2012, S. 318
  • Gesetz zur Ausführung des Staatsvertrags zum Glücksspielwesen in Deutschland (AGGlüStV), GVBl 2007, S. 922, zuletzt geändert: (§ 1 G v. 25.6.2012, 270)

Im Rahmen einer Revival-Party des ehemaligen Offenen Jugendzentrums Bayreuth (1974-1982) am 2.Mai 2015 in Bayreuth (siehe: http://jugendzentrum-bayreuth.blogspot.de) möchten wir eine Tombola veranstalten, die wie folgt geregelt ist:

Der Eintrittspreis zur Party wird vermutlich 7,-- EUR sein (inklusive Buffet, und zwei Bandauftritten). Zusätzlich vergeben wir nur an die Ehemaligen des Jugendzentrums nummerierte Armbändchen. Diese dienen dann als Losnummern für unsere Tombola. Verlost werden Gegenstände, die von sogenannten Tombola-Sponsoren gespendet wurden (siehe:  http://jugendzentrum-bayreuth.blogspot.de/p/sponsoren.html). An der Tombola werden also nur die Ehemaligen des Jugendzentrums teilnehmen, und nicht die anderen Besucher der Veranstaltung.

Zu den Rahmendaten:

Ca. 60 Teilnehmer an der Tombola
Derzeit 23 Sachpreise im Gesamtwert von geschätzt 500,-- EUR.

Um hier nicht in überraschende Schwierigkeiten zu geraten, möchte ich vorsichtshalber anfragen, ob unsere Tombola bereits unter oben genannten Staatsvertrag und das Gesetz zu seiner Ausführung fällt, und daher einer Genehmigung Ihrerseits bedarf?

Vorab schon einmal herzlichen Dank für Ihre Mühen. Ich hoffe, wir können die Tombola ohne Probleme wie geplant durchführen.


Prompte Antwort am 24.4.2015 um 15:44

Sehr geehrter Herr Heinisch,

zuständigkeitshalber habe ich Ihre Frage an die Stadt Bayreuth als für Ihre Veranstaltung zuständige Kreisverwaltungsbehörde weitergeleitet.

Nach Auffassung der Regierung von Oberfranken benötigen Sie für Ihre Tombola keine Erlaubnis nach dem Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV). § 4 Abs. 1 GlüStV regelt die Notwendigkeit einer Erlaubnis. So benötigt man diese nur für öffentliches Glücksspiel. Nach § 3 Abs 1 GlüStV liegt ein Glücksspiel nur vor, wenn im Rahmen eines Spiels für den Erwerb einer Gewinnchance ein Entgelt verlangt wird und die Entscheidung über den Gewinn ganz oder überwiegend vom Zufall abhängt. Bei Ihrer Party müssen die Teilnehmer nach Ihren Angaben 7 € Eintritt zahlen. Diese dienen zur Deckung des Buffets und der Bandauftritte. Eine Verbindung zwischen dem Eintritt und der Teilnahme an der Tombola ist nach Ihren Angaben nicht vorgesehen. Folglich wird das Tatbestandsmerkmal "gegen Entgelt" nicht erfüllt, sodass kein Glücksspiel gemäß des GlüStV vorliegt.
Auch benötigen nur ÖFFENTLICHE Glücksspiele eine Erlaubnis. Ein öffentliches Glücksspiel liegt gemäß § 3 Abs. 2 GlüStV vor, wenn für einen größeren, nicht geschlossenen Personenkreis eine Teilnahmemöglichkeit besteht oder es sich um gewohnheitsmäßig veranstaltete Glücksspiele in Vereinen oder sonstigen geschlossenen Gesellschaften handelt. Da die Teilnehmer an der Tombola sich nur aus den Ehemaligen des Jugendzentrums zusammensetzen, ist dieser ein geschlossener Personenkreis, sodass keine Öffentlichkeit vorliegt und somit auch kein genehmigungspflichtiges öffentliches Glücksspiel.

Mit freundlichen Grüßen

Jetzt fehlt nur noch die Antwort der Stadt Bayreuth, die ich dann hier noch anhängen werde. Ich gehe davon aus, dass auch die Stad Bayreuth kein genehmigungspflichtiges öffentliches Glücksspiel in unserer Tombola sehen wird.

Gut, dass das geklärt ist ;-)

Samstag, 25. April 2015

Dankbarer Blick zurück in meine EIBA- und JZ-Bayreuth Zeit 1976/1977 „The dreams of a better life" (Gastbeitrag von Edwin)

Ein neuer Gastbeitrag, ein neuer Autor, neue Eindrücke, und ein herzliches Danke an Edwin! 


1. Praktikumstag, Oktober 1976
….Im Herbst letzten Jahres erfuhr ich von der geplanten Revival-Party. Seitdem lese ich die interessanten Blogs. Wahnsinn, wie die Beiträge eine Wieder-Beleuchtung verdunkelter Zeit-Räume anregen und in vielerlei Hinsicht auf ungeahnte Weise erhellen. Ein Dankeschön an alle Schreiberlinge dafür! Ein Puzzlespiel längst vergessener Situationen, Ereignisse, Gedanken. und Gefühle: Ich bin jedenfalls von Mal zu Mal des „Hineinleuchtens“ in die Vergangenheit immer wieder in einen spannenden Sog geraten. Mir ist dabei schon klar: Rückblicke fallen immer deutlich positiv aus. Unser Bewusstsein trickst uns aus, schützt uns vor Niederungen unangenehmer Erfahrungen und hebt hauptsächlich Positives hervor. Egal! Auch wenn das persönlich Erlebte und Getane, worüber ich schreibe, letztlich deutlich weniger glanzvoll war, so ist es doch retrospektiv meine subjektive Wahrheit!
Sie hat mich in den vergangenen Wochen und Monaten den einen oder anderen Leitz-Ordner öffnen und in alten Korrespondenzen und Dokumenten stöbern lassen. Viele vergilbte und nur noch schwer lesbare Seiten gelesen: Einen Spaziergang durch ein arbeitsreiches Jahr in Bayreuth und durch die Geschichte der JZ-Bewegung nochmal anders gemacht!

Oktober 1976 begann und Juli 1977 endete die kurze und intensive Wegstrecke als Jahrespraktikant in der EIBA (Evangelische Industriejugend- und Berufsschülerarbeit). Es war eine gute Entscheidung. In diesem Praktikumsjahr waren weitere 5
Polizeibesuch März 1977
JahrespraktikantInnen für andere oberfränkische JZs eingesetzt/zugeordnet. Wir haben kritisch die Arbeit der EIBA und damit natürlich auch unsere eigene Arbeit räsoniert und diskutiert, immer im Zeichen des von allen unterstützten gesellschaftlichen Aufbruchs. Das Selbstverständnis von selbstverwalteten JZs, auch in unseren Praktikanten-Hinterköpfen, bestand ja darin, dass den JZ-lern keine Sozialarbeiter vor die Nase gesetzt werden sollten, die sie nicht wollten, schon gar nicht: die bestimmen wo es lang geht. So war ich zwar für das Bayreuther JZ „zuständig“, fühlte mich dort aber zum Glück so aufgenommen, wie einer unter vielen JZ-Besuchern. Viele wussten nie oder erst gegen Ende des Praktikums, dass ich ein EIBA-Praktikant war. Ich begann im Oktober 1976 als Teilnehmer des beliebten, immer wieder aufgelegten EIBA- Medienseminars in Himmelkron mein Praktikum. Das Polaroid-Photo zeugt von meinem Rundumgefühl auf dem Seminar.

Der Philosoph Ernst Bloch beschreibt diesen inneren Zustand in seinem Werk „Prinzip Hoffnung“ als „riesigen Behälter voll Zukunft“. Das war die Zeit und so fühlte ich mich!

Korrespondenzen mit Artur, Protokolle der Praktikantenbesprechungen, die JZ-Rundbriefe unseres im Februar 1977 gegründeten Koordinationsbüros für Oberfränkische JZs und Inis, meine und andere Beiträge im Rahmen meiner Mitarbeit als freier Mitarbeiter der WIR, Kurz-Andachten, die ich zum Thema Friedensarbeit/Friedenserziehung - frag mich nicht in welcher Bayreuther Kirche - im Frühsommer 1977 - gehalten hab.
Gefühlt habe ich nur einen kleineren Teil meiner Praktikumszeit direkt im Bayreuther JZ verbracht, führte dort vor allem Einzelgespräche (Beratung, auch zum ständigen Thema KDV). Meine Präsenz im Offenen JZ bestand aus einer Mischung wohlwollender Begleitung, eine Einstellung, wie sie Artur selbst vorlebte. Heute kann man sich nur wundern, welch idealtypischen Rahmenbedingungen ich bei der EIBA vorfand: Arthur Ziegenhagen machte durch seine Unterstützung und Begleitung meiner Arbeit den Weg frei und dies mit langer Leine und Vertrauen. Artur wusste, dass seine Praktikanten in Oberfrankens JZs das Richtige tun.

Mit 39-jährigen Abstand betrachtet geschah dies alles in der Phase meiner unumstritten unbekümmertsten Lebenszeit.

Werner, einer mit einer hervorragenden Idee zum richtigen Zeitpunkt, für all diejenigen, deren Lebensgefühl genau dies brauchten: Einen Ort zum Wohlfühlen und zum Träumen (Vereinsgründung Offenes Jugendzentrum 1973). So sollte es sein: Eine klitzekleine Idee mit sooooviel gesellschaftlich nützlicher Resonanz. Wahnsinn! Heute erleben wir überwiegend eine VERBOTS-Gesellschaft statt einer dringend benötigten GEBOTS-Gesellschaft, die öffentliche Räume freigibt für gemeinsame Erfahrungen, so wie es damals mit der Vereinsgründung war!!! Mit der EIBA, d.h. mit Artur Ziegenhagen und der WIR (mit Wuschel und den anderen Mitstreitern) fügte sich ein Ensemble passender Glücksfälle für die Etablierung des Offenen und selbstverwalteten JZ Bayreuth, das letztlich zum Anker der oberfränkischen JZ-Bewegung wurde.

Und wenn ich die Personen aufzähle, die zuvorderst meine Bayreuther Zeit und die auch sonst bewegte Zeit Mitte der 70-ger mit ihren Ideen, Entscheidungen bzw. Rahmenbedingungen (politisch) den Stempel aufgedrückt haben, dann sind das eben Werner Kolb (Vorsitz des JZ Vereins), Wuschel (Taktgeber der WIR), Carola Gold (Mox, die leider schon tot ist und meine Kollegin war im Koord-Büro für JZs und Jz-Initiativen von Feb. bis Juni 1977). Oder Isolde Brückner (unentwegte Mahnerin für Frieden/Kriegsdienstverweigerung), Ewald Naujoks, öffentliche Persönlichkeit und damals politisches Vorbild für Viele und unschätzbarer Mediator für zahlreiche Pubertierende, die ihn aufsuchten, um Mut für neue Lösungen in ihren Beziehungskonflikte zu bekommen. Dann gab´s weiterhin die Familie Wagner mit ihrem prägenden Einsatz für Asylsuchende, für Respekt gegenüber Vielfalt und Unterschiedlichkeit anderer Kulturen?…. und viele andere Mitstreiter, mit denen ich weniger Kontakt hatte, die aber für mich zur „Gegenkultur-Familie“ zählten. Diese alle trugen wie ein Puzzle zur einzigartigen Atmosphäre der konkret utopischen neuen Welt innerhalb der alten Welt bei und haben mich geprägt. Wie wichtig jeder Einzelne für das Ganze war, kann man ja leider nicht belegen, jedenfalls war das Ganze mehr als nur die Summe der Einzelnen, man nennt es auch Synergie, jedenfalls war es unschätzbar für das Offene Jugendzentrum!

Heute steht uneingeschränkt fest: Es war traumhaft für mich, mit Euch, mit tollen Menschen in diesem gegenkulturellen Biotop zu sein und mit einer heute unfassbaren Selbstverständlichkeit einem gesellschaftlichen Traum zu frönen, und gleich einer fleißigen Biene alles tägliche TUN auf Wolke 7 gerne zu tun - ich durfte Tun und ich wusste was zu tun war! DANKE-SCHÖN!



>>> Artur Ziegenhagen
>>> Ein Beitrag für den JuZet-Blog mit herzlichen Grüßen von Artur Ziegenhagen
>>> Werner Kolb
>>> Ewald Naujoks
>>> Carola Gold
>>> WIR
>>> KDV
>>> EIBA, heute EJSA
>>> Ernst Bloch,  „Prinzip Hoffnung




Werner:
Mensch, waren wir gut!

Wilfried:
"… waren", Werner ?

Werner:
Na ja, Wilfried, das Offene Jugendzentrum war schon eine Riesensache. Ist mir erst im Nachhinein so richtig klar geworden.

Michael Poesiepirat: 
Laßt mich noch einmal rasen,beseligt und verflucht!
Bei den gerümpften Nasen bin ich längst abgebucht.
Papiere gibt es keine und auch kein Testament.
Die Welt die Welt ist meine und mein das Herz das brennt.
Laßt mich noch einmal heben den Schatz aus Blut und Blei!
Der klassischen Epheben bedarf es nicht dabei .
Der Faust allein der Spucke - weg den gesalbten Duft!- vertrau ich;
wenn ich schlucke den letzten Humpen Luft.
Laßt mich noch einmal tanzen aus freister Phantasie!
Bei den dressierten Wanzen gelingt mir das doch nie.
Zerschmettert und zerstochen liegt ihr verfälschtes Tun
Jetzt auf ihr alten Knochen verjüngt, verjüngt euch nun!
Laßt mich noch einmal stürmen bis daß die Nacht verzischt!
Hoch auf des Gipfels Türmen da wird mir aufgetischt.
Ob ihr erglüht ihr Steine, ob euch der Sturm berennt
Die Welt die Welt ist meine und mein das Firmament .
MARTIN KESSEL Gesammelte Gedichte 1951 Rowohlt

Michael Poesiepirat:
danke werner

Dienstag, 21. April 2015

Das Wort zur Party

Zur Abwechslung hier mal eine Video-Botschaft - das Wort zur Party ;-)

Auf das Bild klicken, um das Video zu starten

Hallo liebe Freunde des Jugendzentrums,
als im September 2014 die Idee einer Jugendzentrum-Revival-Party entstand, war der JuZet-Blog als eine Art Spielplatz für die Organisation der Party geplant.

Dass sich eine derartige Dynamik entwickeln und ein kleines Archiv der Zeitgeschichte entstehen würde, war am Anfang nicht absehbar, deutete sich aber an, als die ersten Dokumente zur Geschichte des JuZet eintrudelten und die Digitalisierung der WIR und des Tapperts begann.

Mit diesem Video sind ein paar Bitten verknüpft:

  • Wer noch nicht in den Mail-Verteiler des Blogs eingetragen ist, der möge sich bitte jetzt noch eintragen. Die Mailadressen die¬nen dafür, um nach der Party die aktuellsten Celebrity-News zu verteilen und auszutauschen. Kurz nach der Party wird der Mailverteiler deaktiviert und gelöscht.
  • Es ist noch Platz auf der ehrenwerten Liste der Platinum-Sponsoren. Wer sich also verewigen möchte, dem lege ich die Kontonummer auf der Sponsorenseite ans Herz. Sollte es uns am Schluss sogar gelingen, Überschüsse aus der Party zu erwirtschaften, dann gehen diese an das Schoko. Hiermit also noch einmal dir herzliche Bitte um weitere Spenden. Auch hochwertige Tombola-Preise sind weiterhin gern willkommen.
  • Und dies ist auch die allerletzte Chance für die Bereitstellung von Fotos, Dokumenten, oder Beiträgen – bei wem noch Schätze schlummern, der hebe diese bitte ganz schnell.

Und da ist noch etwas:

Wir sind alle älter geworden, wir werden uns auf der Party oft gar nicht wiedererkennen. Und selbst wenn das geschafft ist, dann wird sich die oder der eine an die oder den anderen und eine bestimmte Szene überhaupt nicht erinnern können. Bitte in so einem Fall nicht enttäuscht sein! Die Spur der Erinnerungen ist ein verschlungener Pfad.

Wir haben in und um das JuZet viele tolle Dinge erlebt, aber gerade in dieser Zeit auch einige Perlen vor die Säue geworfen: enttäuschte Liebe, verletzte Gefühle, nie ausgeräumte Missverständnisse. Wir haben oft nicht ausgesprochen, was hätte gesagt werden müssen. Manch ein Aufeinandertreffen könnte genau von solchen Relikten belastet sein, gemischte Gefühle mögen solchen Begegnungen vorausgehen. Bitte lasst euch davon nicht abhalten: das Schoko ist groß genug, um sich aus dem Weg zu gehen, aber auch klein genug, um sich vielleicht ganz neu zu begegnen.

Wir sind auch nicht nur älter, sondern sehr wahrscheinlich auch etwas beleibter, faltiger, haarloser, grauer, fahler, weniger knackig, weniger schön, müder und kränker geworden – so wie es eben der Lauf der Dinge im Leben ist.

Und auch unsere Lebensläufe werden sehr unterschiedlich sein: Karrieren, Achterbahnfahrten, Mittelmaß, Durchmogeln, schwere Schicksale, Scheitern - die ganze normale Vielfalt des Lebens.

Wir treffen uns nicht, um „Mein Haus, Meine Jacht“ zu spielen. Wir treffen uns, um gemeinsam einer besonderen Zeit zu huldigen, zu lachen, die guten Erinnerungen aufzufrischen, und die schlechten zu begraben. Nicht umsonst lautet das Motto der Party „Cool bleiben. Gemeinsam für eine weltoffene, kreative Kultur“. Kultur bedeutet, dass jeder einzelne Lebenslauf vollsten Respekt verdient.

Lasst uns in diesem Sinne und mit Respekt am 2.Mai einander begegnen!



Ralf:
Sehr schön, danke Christian.

Christian:
Danke Ralf, aber bis zum Youtuber à la LeFloid (https://www.youtube.com/user/LeFloid) mit 1 Million Clicks für jedes Video habe ich mit der Performance noch einen langen Weg vor mir ;-)

Hermien:
Man braucht immer ein Ziel ;-)

Christian:
Der Weg ist das Ziel...

Hermien:
Sowieso.

Sonntag, 19. April 2015

Was war eigentlich sonst noch los? - Vol. II - Autos & Bücher (Gastbeitrag von Stefan)

Ich hatte ja gehofft, den netten "Vorwurf" der Männerlastigkeit des Blogs noch etwas entkräften zu können, aber das ist nach Stefans Artikel unten nun natürlich  nicht mehr möglich ;-) Bereits der zweite Blog-Beitrag über Autos, aber bisher kein einziger Artikel über Schuhe, Handtaschen und Mode ..... dabei gab es damals doch diese tollen Schlaghosen, Plateauschuhe, ..... 

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Was wurde 1974 bis 1982 in der Bundesrepublik Deutschland gefahren und gelesen? Die Autos und Bücher (Spiegel-Bestsellerliste) dieser Zeit: Manches wundert einen im Nachhinein. Einiges ist vergessen. Anderes aktueller denn je.

Was ist die Schnittstelle von Kfz und Literatur, abgesehen vom Fahrtenbuch? Keine Ahnung. Wahrscheinlich komme ich auf diese Kombination, weil ich vor einiger Zeit im selben Jahr zweimal Leipzig besucht habe, einmal zur Automobil- und einmal zur Buchmesse.

1974
Bestseller Belletristik:Der Salamander“ von Morris L. West, ein Thriller über einen fiktiven Staatsstreich in Italien.
Bestseller Sachbuch:Archipel Gulag“ von Alexander Solschenizyn.
Auto des Jahres: Mercedes 450 SE.
Im Autojahr 1974 verließ die erste Golf-Generation die Werkshallen des VW-Konzerns. In den folgenden neun Jahren wurde der Golf I über 6,2 Millionen Mal verkauft. Volkswagen stellte 1974 außerdem den Scirocco vor.

Bestseller Belletristik 74-82:
       

1975
Bestseller Belletristik:Der Geist der Mirabelle“ von Siegfried Lenz, zwölf Geschichten aus dem Ostsee-Dorf Bollerup.
Bestseller Sachbuch:Denken, Lernen, Vergessen“ von Frederic Vester, ein populärwissenschaftliches Werk über die Gehirnforschung.
Auto des Jahres: Citroen CX.
Auf dem Genfer Automobilsalon 1975 stellte der Volkswagen-Konzern die erste Generation des VW Polo vor.

1976
Bestseller Belletristik:Die Bankiers“ von Arthur Hailey, ein Roman über die Abgründe der Finanzwirtschaft.
Bestseller Sachbuch:Ein Planet wird geplündert. Die Schreckensbilanz unserer Politik“ von Herbert Gruhl.
Auto des Jahres: Simca 1307/1308.
Aufgrund der hohen Zahl von Unfalltoten wird in der westdeutschen Politik über ein Autobahn-Tempolimit von 130 km/h nachgedacht.
Insgesamt waren jetzt fast 20 Millionen PKW in der Bundesrepublik Deutschland unterwegs.

1977
Bestseller Belletristik:Die wunderbaren Jahre“ von Reiner Kunze, eine Sammlung von Prosa-Texten.
Bestseller Sachbuch:Das Bermuda-Dreieck. Fenster zum Kosmos?“ von Charles Berlitz.
Auto des Jahres: Rover SD1.
BMW bringt die luxuriöse Oberklassenlimosine 733i mit 197 PS zum Preis von 39.000 D-Mark auf den Markt.

1978
Bestseller Belletristik:Hurra, wir leben noch!“ von Johannes Mario Simmel.
Die Amazon-Buchbeschreibung hierzu:
„Johannes Mario Simmel erzählt, wie in den Jahren zwischen 1946 und 1976 aus Jakob Formann einer der erfolgreichsten, bekanntesten und reichsten Männer der Zeit wird, den seine Riesengeschäfte mit seinen Superfirmen um den ganzen Erdball jagen. Die Frauen fliegen ihm zu, vor Freunden kann er sich kaum retten, aber nicht wenige sind und bleiben eigentlich seine Feinde.
So verliert Jakob Formann denn auch zur Zeit der Ölkrise durch ein Komplott alles, was er geschaffen und gewonnen hat, und ist arm wie am Anfang. Jetzt endlich aber hat er die Zeit, zu seiner großen Liebe von 1946 zurückzukehren - zu der Frau, die er nie vergessen hat ... .“
Bestseller Sachbuch:Anmerkungen zu Hitler“ von Sebastian Haffner.
Auto des Jahres: Porsche 928.
Mittlerweile hatte (fast) jeder PKW-Hersteller ein Diesel-Modell im Angebot.
BMW stellte den neuen Sportwagen M1 vor. Der war gerade einmal 114 Zentimeter hoch und bot dabei ganze 277 PS.

Bestseller Sachbuch 74-82:
       

1979
Bestseller Belletristik:Kartoffeln mit Stippe“ von Ilse Gräfin von Bredow, Jugenderinnerungen aus der märkischen Heide.
Bestseller Sachbuch:Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“ von Christiane F.
Auto des Jahres: Simca Horizon.
Der Opel Kadett kam erstmals als kompakter Vierzylinder-Diesel mit quer eingebautem Motor auf den Markt des Autojahres 1979 – mit neuem Konzept: dem Frontantrieb.

1980
Bestseller Belletristik:Der Herr der Ringe“ von J.R.R. Tolkien (Tolkiens opulentes Fantasy-Werk mal wieder oben auf, die Erstveröffentlichung des Romans war übrigens am 29. Juli 1954).
Bestseller Sachbuch:Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“ von Christiane F. (das zweite Jahr in Folge Platz 1).
Auto des Jahres: Lancia Delta.
Die japanischen Auto-Unternehmen (Toyota, Honda, Datsun/Nissan etc.) hatten immer mehr das Gespür, was die deutsche Autokundschaft wollte. Und damit brachten sie es auf satte 10 Prozent Anteil bei den neuzugelassenen PKW im Autojahr 1980.

Auto des Jahres 74-82:
        

1981
Bestseller Belletristik:Die unendliche Geschichte“ von Michael Ende.
Bestseller Sachbuch:Wir sind nicht nur von dieser Welt“ von Hoimar von Ditfurth, eine Abhandlung über „Naturwissenschaft, Religion und die Zukunft des Menschen“ (so der Buch-Untertitel).
Auto des Jahres: Ford Escort MK II.
Mercedes präsentierte seinen Airbag – dahinter verbarg sich ein aufblasbares Luftkissen, das direkt ins Lenkrad des Fahrzeugs eingebaut wurde und sich bei einem Frontalzusammenstoß automatisch aufbläst (innerhalb von nur drei hundertstel Sekunden!) und somit zusätzliche Sicherheit bietet.

1982
Bestseller Belletristik:Die unendliche Geschichte“ von Michael Ende (das zweite Jahr in Folge Platz 1).
Bestseller Sachbuch:Machtwechsel: Die Ära Brandt - Scheel“ von Arnulf Baring, ein zeitgeschichtliches Werk über die Jahre 1969 bis 1974, also bis zum Gründungsjahr des Offenen Jugendzentrums Bayreuth, welches aber in diesem Buch nicht vorkommt. Herr Baring, ich bin enttäuscht!
Auto des Jahres: Renault 9.
Der Automobilhersteller Volvo (mittlerweile nach Beinahe-Pleite in chinesischer Hand, das hätte damals wohl auch niemand prognostiziert) präsentierte 1982 stolz seinen neuen 760er. Ganz im Gegensatz zu den Konkurrenten setzte Volvo auf „Ecken und Kanten“ beim Design und blickte damit trendtechnisch nach den USA. Und das in einer Zeit, in der die europäischen Techniker die Autos fast nur noch im Windkanal entwickelten.

Fazit:
Der Herr der Ringe“ ist unkaputtbar, die Bestseller-Titel des Jahres 1976 passen auch für 2015, man kann auch mit hanebüchenem Stuss die Sachbuch-Nummer 1 werden (so geschehen im Jahre 1977), der von einer Fachjury vergebene Preis „Auto des Jahres“ schützt eine Marke auch nicht vor dem Untergang (Simca).

Die Autos wurden 1974 bis 1982 immer flacher und windschnittiger (Ausnahme Volvo). Wenn man damals prognostiziert hätte, dass im Jahre 2015 (nach 32 Jahren Dauerpräsenz der Grünen in deutschen Parlamenten) tonnenschwere PKWs lastwagenartig in die Höhe wachsen und dabei spritsaufend motorisiert sind wie Rennwagen (= SUVs wie etwa Audi Q 7, BMW X7 etc.), wäre man wahrscheinlich für komplett verrückt erklärt worden.

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>>> siehe auch Blogartikel: Autos 1974-1982




Martin:
aus Robert Pirsig, Zen und die Kunst ein Motorrad zu fahren:
"Seelenfrieden ... ist das einzige, was zählt. Was ihn fördert, ist gute Mechanikerarbeit; was ihn stört, ist schlechte Mechanikerarbeit. Was wir als die Brauchbarkeit einer Maschine bezeichnen, ist nur eine Objektivierung dieses Seelenfriedens. Der letzte Prüfstein ist immer unsere eigene Gemütsruhe. Wenn man die nicht hat, ... dann läuft man Gefahr, seine eigenen persönlichen Probleme buchstäblich in die Maschine einzubauen."
Das ist sie, die Schnittstelle von Kfz und Literatur.

Christian:
"Zen und die Kunst ein Motorrad zu warten" (nicht "fahren" ;-)  ) ist tatsächlich eine Super-Schnittstelle - ein tolles Buch!

Martin:
... da hat mir beim Abschreiben wohl die Gemütsruhe gefehlt ...

Stefan:
Aaaah, stimmt: dieses "Zen und ..."-Buch gab es, hatte ich ganz vergessen.