Dienstag, 28. April 2015

Kiffer & Kommunisten (Gedanken beim Laufen) => gedacht von Stefan

Es hat geregnet in der letzten Nacht. Die Phase der trocken-warmen, wolkenlosen, sommerlich wirkenden Apriltage ist erst einmal vorbei. Auch wenn dies viele Menschen bedauern mögen, der Natur scheint es zu gefallen: Die Vegetation wirkt üppiger als zuvor, das Grün grüner, und mit jedem Atemzug, den ich auf meiner Laufstrecke durch den Wald mache, kommt eine Extradosis Frische in die Lunge, eine pulmonale Sauerstoffdusche, eine Art Wrigleys-Spearmint-Effekt, ohne Kaugummi kauen zu müssen (wäre beim Joggen auch hinderlich). Während sich die Geräusche des Waldes mit den elektronischen Klängen aus den iPod-Ohrstöpseln („Neuland“ von Pyrolator) mischen, Herz- und Schrittfrequenz sich auf ein gleichmäßiges Niveau im oberen aeroben Bereich einpendeln, der ganze Organismus in einen Wohlfühlzustand irgendwo zwischen Marathon-Modus und Meditation hineintriftet, verschwinden langsam alle Sorgen aus dem Kopf.

Bis auf zwei:

  1. Hoffentlich kommt kein leinenloser Hund des Weges, der (laut leinenschwingendem Herrchen/Frauchen in hundert Metern Entfernung) „nur spielen will“, und
  2. kein zigarettenrauchender Spaziergänger, dessen Giftschwaden mich um meinen Frischluftkick bringen.

Wieso müssen Menschen sich eigentlich freiwillig einen Hund ins Haus und Rauch in die Lungenflügel holen? Okay, beim Hund kann ich es noch verstehen: Es macht sicherlich Spaß zuzusehen, wie dieser den Postboten, Nachbarn, Jogger zerfleischt und in Stücke zerreißt.

Aber Rauchen? Und dies schon seit Jahrtausenden. Kein Druide, Medizinmann, Schamane der Menschheitsgeschichte, der sich nicht durch irgendein Gedampfe die Sinne benebeln ließ (bzw. die Sinne erweitern/befreien ließ, wie der Benebelte zu meinen glaubte).

So war das Rauchen in verschiedenen altamerikanischen Kulturen schon lange üblich und wurde dort in erster Linie rituell betrieben. Älteste Darstellungen rauchender Maya-Priester sind schon von 600–500 v. Chr. bekannt. Die Priester der Maya zündeten heilige Feuer an und inhalierten dann den Tabakrauch.

Darüberhinaus gibt es in diesem Blog historisches Bildmaterial aus dem Jahre 1977 n. Chr., das den Autor dieser Zeilen als zigaretterauchenden Junghippie zeigt.

Und erst das Kiffen!

Cannabis wird schon in 4700 Jahre alten chinesischen Lehrbüchern erwähnt. Der älteste Marihuanafund datiert auf die Zeit um 700 v. Chr. und war eine Grabbeigabe.

Ob man in dem Gebäude des Offenen Jugendzentrums Bayreuth jemals Marihuana-Beigaben finden wird, ist eher zweifelhaft, denn im JuZet selbst wurde nicht gekifft (wie auch Christian in seinem Blog-Beitrag vom 16. Februar 2015 schreibt), außerhalb aber taten dies einige Leute ständig und überall (Stadtmauer, Hofgarten, Privaträume etc.), andere selten und eher aus Gruppenzwang, wiederum andere hielten sich ganz raus.

Langhaarige, Drogenbenebelte, Kommunisten: Dies war in etwa die Meinung der ´braven´ Bayreuther (und Bayreutherinnen, um politisch korrekt zu formulieren) über die JuZet-Besatzung. „Ich werde dich nicht kampflos diesen Kommunisten überlassen“ soll ein Vater seiner Teenage-Tochter gesagt haben, als diese immer tiefer in die Jugendzentrumswelt eintauchte. Wie war es eigentlich damit?

Irgendwie links waren wir alle, einige eher irgendwie, andere eher links. Es gab Jusos, Judos (ja, die FDP-Jungdemokraten waren damals links), Spontis und Was-weiß-ich-noch-alles. Und es gab die Orthodoxen von der DKP-nahen SDAJ, der „Sozialistischen Deutschen Arbeiterjugend“, in deren Reihen man die Arbeiter allerdings mit der Lupe (bzw. mit dem Elektronenmikroskop) suchen musste.

Auch ich hatte eine Liaison, besser: einen Flirt mit dieser Organisation, die schon mal verlauten ließ, dass man nur gegen die bundesrepublikanischen Kernkraftwerke sei, die DDR-Atomkraftwerke hingegen seien sicher, da nichtkapitalistische, volkseigene Betriebe.


(Bei Gelegenheit werde ich einen dialektisch geschulten Menschen fragen, wie die ein paar Jahre nach dieser Aussage stattgefundene sozialistische Kernschmelze von Tschernobyl einzuordnen ist.)

In dem Alter, in dem andere ´Bravo´ lesen, hielt ich die eine oder andere ´Elan´ in Händen, die SDAJ-Bravo gewissermaßen: aufwändiges Layout, Farbfotos, allerdings kein Starschnitt und kein Dr. Sommer (worunter ich heute noch leide).

Als mit dem Aus der DDR 1989 keine SED-Gelder mehr Richtung DKP/SDAJ flossen, war auch Schluss mit ´Elan´. Ich selbst hatte mich bereits ca. 1978, also 16-jährig, sukzessive verabschiedet und dem Lesen der ´Sounds´ zugewandt, auch wenn diese ebenso keinen Starschnitt und keinen Dr. Sommer hatte.

Dafür hatte sie Jörg Gülden (der übrigens, wie ich eben gegoogelt habe, leider 2009 verstorben ist).


>>> Sounds-Archiv






Hermien:
Ach ja, was habe ich mich über die "sicherene" AKWs in der DDR aufregen können

Stefan:
Du sagst es.


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