Mittwoch, 25. März 2015

Die WIR und die oberfränkische Jugendzentrumsbewegung
(Gastbeitrag Andrea)


Ein Gastbeitrag von Andrea beleuchtet die WIR und ihre große Bedeutung für die Jugendzentrumsbewegung in Oberfranken. 

Vielen Dank, liebe Andrea!



Auch wenn Andreas hier in seinem Beitrag die WIR etwas respektlos ;-) als Heftchen bezeichnet hat, für uns engagierte oberfränkische Jugendliche in den 70ern war es weitaus mehr:

Die WIR war unser Netzwerk, unser Sprachrohr.

Hier konnten wir unsere Meinung kundtun. Mal kritisch, mal eher banal, aber wir konnten uns den Frust über die Engstirnigkeit unserer Umgebung, über absurde politische Entscheidungen und über unsere Zukunftsängste von der Seele schreiben. Und wir wussten, wir haben die Verantwortung für das, was wir schreiben.
WIR Titelblatt 4/1977

Die Geschichte der WIR ist eng verbunden mit der Geschichte der oberfränkischen Jugendzentrumsbewegung in den 70ern. Mitte der siebziger Jahre schwappte die Idee der selbstverwalteten Jugendzentren aus den Großstädten auch zu uns in die oberfränkische Provinz. In vielen Städten gründeten sich Initiativen, die für ihren Ort ein offenes Jugendzentrum forderten. Zu Beginn waren dieses Gruppierungen mehr oder weniger Einzelkämpfer.

Artur Ziegenhagen von der EIBA in Bayreuth versuchte, diese einzelnen Gruppierungen, die damals noch kaum Kontakt miteinander hatten (Facebook gab es noch nicht !!) über Treffen und Seminare zusammen zu bringen. Es gab viele Wochenendseminare zu den verschiedensten Themen: Organisation und Vernetzung der Initiativen, Vereins- und Gruppenstrukturen, Verfassen von Statuten, Benennen von Zielen und ihre Verwirklichung, Medienseminare usw.

WIR-Redaktion (WIR 01/1975)
So gelang es, immer mehr dieser Jugendzentrumsinitiativen zu vernetzen und so unseren Forderungen nach selbstverwalteten Jugendzentren immer stärker Nachdruck zu verleihen. Da meist die gleichen Leute auf diesen Seminaren waren, ergab es sich logischerweise, dass sich viele von ihnen für die Mitarbeit in einer oberfrankenweiten Jugendzeitschrift – der WIR –  engagierten.

Die Themen, die für die Seminarteilnehmer wichtig waren,
tauchten dann natürlich in der Zeitschrift wieder auf und umgekehrt. Im Laufe der Zeit bildeten die Macher/Innen der WIR eine komplexere Gruppe. Wir waren aber immer eng verbunden mit den Jugendzentrumsinitiativen vor Ort (unseren Wurzeln) und damit auch direkt mit dem Aufbegehren kritischer oberfränkischer Jugendlicher gegen unhaltbare Zustände in Politik und Gesellschaft. So entstanden dann Ausgaben zu speziellen Themen wie: Atomkraft, Arbeitslosigkeit, Freies Franken usw.

WIR-Redaktion (WIR 01/976)
Das Bayreuther JUZ war unsere Redaktionszentrale. Für ein langes Wochenende trafen sich die Mitglieder der Ortsredaktionen in Teestube und Büro und brachten ihre Berichte mit. Es wurde getippt, Anzeigen gestaltet und das Layout erstellt. Alles in Handarbeit !!! Schreibmaschine (mechanisch, uralt) Fixo-Gum-Kleber, Schere, Stifte und Geodreieck waren unser wichtigstes Werkzeug. So arbeiteten wir praktisch Tag und Nacht bis die Ausgabe in Druck gehen konnte. Die Finanzierung musste erst über Werbeanzeigen gesichert sein, und so bestand die Akquise aus Klinkenputzen und Betteln um eine Annonce.

Zwischen den Ausgaben der WIR trafen wir uns bei den einzelnen Ortsredaktionen, auf Wochenendseminaren und in abgelegenen primitiven Frankenwaldhütten und diskutierten uns die Köpfe heiß über Themen die uns unter den Nägeln brannten, oder grundsätzliche Strukturen der Zeitschrift. Und das alles neben unserer Berufsausbildung, Schule oder Studium.

Es war eine verrückte, anstrengende, großartige und prägende Zeit.
VIELEN DANK DAFÜR AN ALLE, DIE MIT DABEI WAREN.

Andrea

>>> Blogbeitrag "Artur Ziegenhagen und die EIBA"
>>> Gastbeitrag "Eine Mail von Andreas"
>>> digitales WIR-Archiv

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