Indien - magischer Klang, Eines der wertvollsten und angesagtesten Ziele, welches man damals als "Freak" per Anhalter oder im umgebauten Bus erreichen konnte. Geträumt davon haben viele, gemacht haben es nur einige, Ich selbst wäre ja gerne losgezogen, aber die Entschlossenheit, der Mut "ja" zu sagen, und der einfache Wille, den Weg zu gehen, haben vielleicht gefehlt.
|
1978: Autobahnauffahrt Bayreuth-Süd |
Zwei, die sich auf eine fast einjährige Reise gemacht haben, waren meine Freunde Olli und Micha, häufige Gäste im Offenen Jugendzentrum der frühen Jahre. Ihr "tag", man könnte auch sagen: ihr damaliger analoger Tweet oder Facebook-Post auf dem Autobahnschild der Auffahrt Bayreuth-Süd ist hier auf einem Foto grob erkennbar. Das Foto zeigt mich später beim Warten auf den ersten Lift nach Marokko. Das Bild hat Hinze geschossen, wir waren gemeinsam etwa 3 Monate unterwegs.
Obwohl die Zeit in Marokko ein absolutes Highlight in meinem Leben war, an die ich mich oft erinnere und von der ich in manchen Zeiten regelrecht gezehrt habe, empfinde ich bis heute ein Gefühl des Bedauern, mich damals nicht auch auf den Weg nach Indien gemacht zu haben.
Ironie des Schicksals:
|
2015: Zwischen Bengalore und Chennai |
Seit 2011, dem Jahr in welchem ich dann überhaupt das erste Mal in meinem Leben in Indien war, habe ich mehrmals pro Jahr geschäftlich in Indien zu tun, arbeite mit indischen Kollegen in Bengalore und Chennai. So auch letzte Woche, aus der die Strassenszene auf dem Foto stammt. Immer frage ich mich, wie Indien wohl damals auf mich gewirkt hätte? Mit welchen Augen ich es gesehen hätte? Wie es mich beeinflusst hätte? Aber eine Antwort werde ich auf diese Fragen nicht mehr bekommen.
Es bleibt die Erinnerung an die vielen Träume von damals, vom Reisen in ferne Länder, ohne Plan B, vom Leben ohne Karriereplanung. Und auch wenn nur ein Bruchteil der Träume umgesetzt werden konnte, die Freiheit, ein anderes Leben zu träumen, war damals grenzenlos. Und sei es mit Hilfe der
Musik von Ravi Shankar♫, einer Tasse Darjeeling-Tee und ein paar Joints.
Aber bei aller Idylle: wir sind riskante Grenzgänge gewandert. Warum die einen heute ein "normales" Leben führen, und andere z.B. den Weg der Drogen gegangen sind, ist vermutlich einer unendlichen Verkettung von Schicksalsmomenten zu verdanken, Im richtigen oder falschen Moment am richtigen oder falschen Ort und eine entscheidende, schwer umkehrbare Weiche im Leben war gelegt.
In Chennai lief mir auf der Strasse ein hagerer, ausgezehrter Mann vermutlich meines Alters leicht humpelnd über den Weg. Der Lungi, die gebräunte Haut, und seine wilden Haare konnten die europäische Herkunft nicht verbergen. Die Falten in seinem Gesicht erzählten eine Lebensgeschichte, die vielleicht mit einem Trip nach Indien irgendwann in den 70ern begonnen hatte. Er hat wohl seinen Platz in Indien gefunden. Es wäre interessant gewesen, mehr über seinen Lebensverlauf zu erfahren. Aber wie hätte ich ihn in meinem Business-Anzug aus einer anderen Welt ansprechen können?